Toter auf dem Kalten Markt: Neue Zeugen aufgetaucht

Schlüchtern
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Wird der Tod eines 23-jährigen Steinauers auf dem Kalten Markt in Schlüchtern im Jahr 2010 doch noch aufgeklärt? Bislang schien die Beweislage nicht ausreichend, um den Hauptverdächtigen, einen inzwischen 25-jährigen Iraner aus Schlüchtern, überführen zu können.

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Doch jetzt erklärte der Bruder des Opfers, dass es zwei Zeugen geben soll, die die Tat beobachtet haben. Die Staatsanwaltschaft will diese beiden jungen Männer aus Schlüchtern nun von der Polizei vernehmen lassen.

Bereits im März diesen Jahres wurde gegen die Beteiligten der wüsten Schlägerei auf dem Marktgelände im Amtsgericht Gelnhausen verhandelt, das Verfahren gegen den Hauptverdächtigen wurde damals allerdings abgetrennt. Der zuständige Staatsanwalt Mathias Pleuser wollte so erreichen, dass alle Beteiligten in einer neuen Verhandlung als Zeugen gehört werden können und dann gegen den Angeklagten aussagen müssen. Daraus wurde allerdings nichts: Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht haben eine Übernahme des Verfahrens abgelehnt, so dass sich jetzt wieder das Jugendschöffengericht Gelnhausen unter Vorsitz von Richterin Sigrid Haas mit dem Fall beschäftigen musste.

Und die plädierte vehement auf eine Einstellung des Verfahrens, um so ein letztes Hintertürchen offen zu lassen. Kommen nämlich doch noch neue Beweise auf den Tisch, könnte der 25-Jährige dann erneut angeklagt werden. Sollte er wie seine Freunde wegen der Beteiligung an der Schlägerei verurteilt werden, könnte er für den Tod des Steinauers nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Bislang wurden in dem Verfahren nur relativ glimpfliche Geldstrafen verhängt, lediglich ein Türke erhielt eine sechsmonatige Bewährungsstrafe, weil er in der Auseinandersetzung einen Schlagring eingesetzt hatte.

Der Angeklagte, der bereits kurz nach der Tat nach Köln umgezogen ist, und sein Verteidiger erklärten sich mit einer Einstellung des Verfahrens einverstanden und wären auch zur Zahlung einer Geldstrafe bereit. Der Vertreter der Familienangehörigen des Opfers, die als Nebenkläger auftreten, bekam dann allerdings in einer Verhandlungspause die Information, dass es möglicherweise neue Zeugen gibt. Der Bruder des Opfers nannte dem Gericht die Namen von zwei jungen Männern aus Schlüchtern, die bislang aus Angst nicht die Wahrheit gesagt hätten. Unklar war in der Verhandlung allerdings, ob beide bereits zum Tatgeschehen befragt wurden. Dies soll jetzt in einer erneuten Vernehmung geklärt werden.

Die Massenschlägerei vor einer Diskothek auf dem Kalten Markt in Schlüchtern war der traurige Höhepunkt eines schon lange andauernden Konflikts zwischen Migranten arabischer und türkischer Herkunft sowie Russlanddeutschen in der Bergwinkel-Region. In den frühen Morgenstunden des 7. November 2010 war es zunächst vor dem Cafe Blümchen in der Schlüchterner Innenstadt zu einer Auseinandersetzung gekommen, bei der ein 22-Jähriger aus Dietzenbach schwer verletzt wurde. Gegen 4 Uhr kam es dann zu einer Massenschlägerei mit über zehn Beteiligten, bei dem das Opfer mit einem Messer an der rechten Halsseite verletzt wurde. Eine Polizeistreife brachte den 23-jährigen Russlanddeutschen noch ins Krankenhaus, wo er aber wenig später verstarb.

In dem inzwischen fast drei Jahren andauernden Verfahren spielt auch die Justiz eine unrühmliche Rolle. „Das Landgericht hat sich die Akten nicht durchgelesen, die waren ihnen wohl zu lang“, kritisierte Richterin Haas die Rückübertragung des Urteils aus Hanau. Auch die Staatsanwaltschaft schickte mit Claudia Seng nicht die zuständige Dezernentin zur Verhandlung. Sie musste sich nach eigenen Angaben komplett neu in das umfangreiche Verfahren einlesen, zudem fehlten bei der neuerlichen Verhandlung wichtige Unterlagen. Und wie es weiter geht, wird die Öffentlichkeit möglicherweise nie erfahren. Sollte die beiden Zeugen aus Schlüchtern keine neuen Hinweise liefern, soll die Anklage gegen den 25-jährigen Iraner ohne neuerliche Verhandlung eingestellt werden.


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