Neue Strategie im Kampf gegen Ratten

Gelnhausen
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Ratten können erhebliche Schäden anrichten und auch schwere Krankheiten übertragen. Verlässliche Daten über die tatsächliche Population sind kaum zu erheben, denn bei den hierzulande vorkommenden Ratten handelt es sich überwiegend um Wanderratten, die – wie ihr Name schon erkennen lässt – ihren Aufenthaltsort betreffend sehr flexibel sind. Ihre Vermehrungsrate hängt hauptsächlich vom Nahrungsangebot ab.



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Regelmäßige Bekämpfungsaktionen im Kanalnetz der Kommunen sollen die Population auf einem erträglichen Maß halten. Im Rahmen der EU-weiten Wirkstoffbewertung wurden jedoch hohe Risiken durch die Anwendung von Rattengiften mit sogenannten Antikoagulanzien (blutgerinnungshemmende Wirkstoffe) für Wildtiere und Wasserorganismen festgestellt. Laut Umweltbundesamt müssen Köder in der Kanalisation nun deshalb so angewendet werden, dass sie nicht mit (Ab-)Wasser in Kontakt kommen und auch nicht weggespült werden können. Deshalb beschreitet die Stadt Gelnhausen in der Rattenbekämpfung neue Wege gemeinsam mit Schädlingsbekämpfer René Losekann aus Gründau, der ein neues System entwickelt hat, um die Schadnagerpopulation wirksam, umweltgerecht und nachhaltig auf einem ungefährlichen Maß zu halten.

Die Bekämpfung von Ratten und Mäusen erfolgt meist mit giftigen Fraßködern, sogenannten Rodentiziden (blutgerinnungshemmenden Wirkstoffen), bei deren Verwendung erhebliche Umweltrisiken sowie Risiken der Resistenzentwicklung bestehen. Strenge Auflagen und Anwendungsbestimmungen regeln deshalb den Gebrauch dieser Mittel.  „Die sofort wirksamen Rodentizide mit antikoagulanter Wirkung gehören in fachkundige Hände und dürfen nur noch von geschulten berufsmäßigen Verwendern mit entsprechendem Sachkundenachweis ausgebracht werden. Der nicht sachkundige Grundstücksbesitzer hat darauf keinen Zugriff“, klärt Rene Losekann auf. Der 53-Jährige ist seit 27 Jahren „im Geschäft“, hat als lizensierter Schädlingsbekämpfer viele Erfahrungen mit Einsätzen für Privatleute, in Industrieanlagen und in Kommunen gesammelt. Er kennt die Praxis, aber auch die strenge Reglementierung bei der Anwendung. „Der wesentliche Punkt der geänderten Vorgaben besteht darin, dass bei der Verwendung von Rodentiziden mit antikoagulanten Wirkstoffen vom Anwender sichergestellt werden muss, dass sie nicht mit Wasser in Berührung kommen. Das schließt die bisher praktizierte Kanalbeköderung wie sie häufig angewendet wird, aus meiner Sicht aus, denn meist werden die Köder beispielsweise an einer Schnur am Schmutzfang befestigt und in die Schachtöffnung gehängt. Das ist auch weiterhin laut Veröffentlichungen des Umweltbundesamts möglich, insofern gewährleistet wird, dass die Köder zum Beispiel bei Starkregenereignissen aus den Schächten entfernt werden. Kommt ein solches Niederschlagsereignis überraschend, müssten in kürzester Zeit etliche Schächte geöffnet und die Köder entnommen werden“, erläutert Losekann. Bei hunderten, in größeren Kommunen tausenden Kanalschächten seiner Meinung nach eine schier unlösbare Aufgabe.

Losekann hat ein neues System entwickelt, das bereits in Industrieanlagen erprobt wurde und jetzt in Gelnhausen erstmals in einer Kommune in einem Pilotprojekt zum Einsatz kommt. Dabei setzt der Schädlingsbekämpfer nicht mehr auf turnusmäßige Bekämpfungsaktionen im Frühjahr und im Herbst, zumal Dauerbeköderungen ohnehin nicht mehr erlaubt seien, wie er sagt. „Der von uns entwickelte Köderstation verschließt sich, wenn der Wasserstand im Kanal bis auf Köderhöhe ansteigt und öffnet sich erst wieder, wenn der Pegel sinkt“, beschreibt Losekann, der auch Namensgeber für seine Entwicklung „Ralo-System“ ist. Zunächst werden in einem Testgebiet in Gelnhausen 117 dieser Stationen mit ungiftigen Ködern ausgebracht. Ergibt die Kontrolle, dass diese von den intelligenten Allesfressern vertilgt werden, ersetzt der Schädlingsbekämpfer gezielt die nicht-toxischen durch giftige Köder. „Somit können wir besser auf den tatsächlichen Befall reagieren, haben nicht dauernd Gift im Kanal und können die Schädlinge gezielter bekämpfen“, so die Zielsetzung des Experten. „Das flexible und verschließbare System, das zukünftig aus recyceltem Kunststoff hergestellt werden soll, garantiert außerdem, dass weder giftige noch nicht-toxische Köder ausgespült oder weggeschwemmt werden.“ Die entsprechenden Schächte für das Pilotprojekt hat Losekann gemeinsam mit dem Fachbereichsleiter Hoch-/Tiefbau der Stadt, Mario Günther, und Umweltberater Jürgen Koch festgelegt. „Anhand der regelmäßigen Kontrollen erhalten wir Aufschluss über die Futterreviere und können ein Befallskataster erstellen. Zunächst sind im Gelnhäuser Stadtgebiet sechs Durchgänge im Jahr geplant“, erläutert Losekann. „Wir erhoffen uns eine gezieltere und umweltverträglichere Bekämpfung der Ratten im Gelnhäuser Stadtgebiet und sind sehr gespannt auf die ersten Bilanzen“, begrüßt Bürgermeister Daniel Christian Glöckner das Pilotprojekt als Schritt in die richtige Richtung. Und Umweltberater Koch ergänzt: „Jeder einzelne Bürger kann seinen Beitrag zur Kontrolle der Rattenpopulation leisten, indem er Essensreste auf keinen Fall in der Toilette entsorgt, auf seinem Privatgrundstück keine Rückzugsorte für Ratten schafft, Mülltonnen geschlossen hält, Gelbe Säcke an einem für Ratten unzugänglichen Ort aufbewahrt und Lebensmittel- und Tierfuttervorräte gut verschließt. Auch ein schlecht durchmischter Komposthaufen mit einem hohen Anteil an organischen Abfällen oder gar Fleischresten ist für die Nager wie eine gedeckte Festtafel.“

Foto: Zur Begrenzung der Rattenpopulation gehört auch, Enten und Tauben nicht zu füttern, denn Futterreste locken Schadnager an. Etliche Schilder am Kinzigufer weisen daraufhin.


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