Nach Strafanzeige: Persönliche Erklärung von Landrat Stolz (SPD)

Gelnhausen
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Nach der Strafanzeige gegen ihn sowie den Gelnhäuser Bürgermeister Daniel Glöckner (FDP) und zwei ehemalige Bedienstete der Stadt Gelnhausen (wir berichteten) meldet sich nun Landrat Thorsten Stolz (SPD) mit einer persönlichen Erklärung zu Wort. Nachfolgend sein Text im Wortlaut.



"In der politischen Auseinandersetzung bin ich vieles gewohnt und habe mir in den zurückliegenden 14 Jahren zunächst als Bürgermeister von Gelnhausen und jetzt als Landrat ein 'dickes Fell' zugelegt. Grenzen der politischen Auseinandersetzung sind für mich allerdings erreicht, wenn ich durch kommunalpolitische Akteure in die Nähe von Straftaten gerückt oder dieser sogar bezichtigt werde. Seit gut zwei Jahren wird dies im Zusammenhang mit den kontroversen Diskussionen um die Entwicklung des Neubaugebietes Mittlauer Weg in Meerholz getan. Mit den jüngsten Ereignissen ist für mich allerdings eine Grenze überschritten worden, die ich nicht wortlos hinnehmen kann.

Mit einer Strafanzeige vom 26.10.2020 an die Staatsanwaltschaft wurde ich – neben dem aktuellen Bürgermeister der Stadt Gelnhausen und zwei ehemaligen Verwaltungsbediensteten – durch die Fraktionen von CDU, BG und Grünen der Untreue, des Betrugs und der Vorteilnahme im Amt beschuldigt. Auf insgesamt acht Seiten werden die vermeintlichen Verfehlungen und Straftaten dann ausgeführt und angebliche „Beweise und Indizien“ geschildert. Die Staatsanwaltschaft Hanau hat daraufhin Vorermittlungen durchgeführt und kam jetzt zu dem Ergebnis, dass bei allen vier in der Strafanzeige genannten Personen kein Anfangsverdacht für Straftaten vorliegt.

Vom Ergebnis dieser Vorermittlungen habe ich erfahren, weil das Schreiben der Staatsanwaltschaft am 24. Februar in der öffentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung ausgelegt und am 25. Februar per E-Mail an einen Kreis von über 50 Personen aus Stadtverordnetenversammlung, Magistrat und Stadtverwaltung geschickt wurde. Dankenswerterweise hat einer der E-Mailempfänger mich informiert, da ich ansonsten bis zum heutigen Tage von diesem Schreiben und auch von der Strafanzeige selbst keine Kenntnis erlangt hätte. Das für sich genommen ist schon ein bemerkenswerter Vorgang. Den Inhalt der Strafanzeige haben CDU, BG und Grüne auch meiner dienstvorgesetzten Behörde, dem Regierungspräsidium in Darmstadt, zukommen lassen und dort Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben. Das Regierungspräsidium prüft jetzt ebenfalls die darin aufgeführten Beschuldigungen und Vorwürfe.

Ich will hier nun einmal anmerken: Seit Monaten wird in der politischen Auseinandersetzung in Gelnhausen unter Nutzung oben genannter Methoden gegen Gruppen und Einzelpersonen ein Stil gepflegt, der im negativen Sinne bemerkenswert ist. Seit mittlerweile vier Jahren gehöre ich nicht mehr den städtischen Gremien an, bin in dortige kommunalpolitische Entscheidungen nicht mehr eingebunden und habe überhaupt keine Gelegenheit, hier in der Sache mitzudiskutieren. Zudem ist keine der Fraktionen von CDU, BG und Grünen jemals auf mich zugekommen und hat mich auch nur einmal zum Sachverhalt befragt. Das ist im Übrigen auch nicht für die Recherchen zum Gutachten des Hessischen Städte- und Gemeindebundes geschehen, obwohl die dort getroffenen und öffentlich bewerteten Schlussfolgerungen auch meine Dienstzeit als Bürgermeister in Gelnhausen betreffen. Nicht nur bei dieser Debatte wurde damit der in Deutschland gesetzlich verankerte Grundsatz der Unschuldsvermutung in eklatanter Weise außer Acht gelassen.

In den zurückliegenden Jahren haben Umgangsformen in der Auseinandersetzung Einzug gehalten, die beschämend sind und die der wunderschönen Kreis- und Barbarossastadt Gelnhausen und ihrem Ansehen in keiner Weise gerecht werden. Dabei ist keines der in Gelnhausen aktuell diskutierten kommunalpolitischen Probleme und keine der vor uns liegenden Herausforderungen unlösbar – vorausgesetzt, es ist ein bisschen Wille zum konstruktiven Miteinander vorhanden. Die bis heute entstandenen persönlichen Beschädigungen, Vorverurteilungen und menschlichen Zerwürfnisse sind jedoch ungleich schwieriger zu heilen.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich selbst in meiner zehnjährigen Bürgermeisterzeit so mit Menschen umging, dass überhaupt in dieser Zeit so mit Menschen umgegangen wurde oder dass jemals in dieser Form im Magistrat oder der Stadtverordnetenversammlung miteinander verfahren worden wäre, wie dies heute der Fall ist. Auch in einer harten politischen Auseinandersetzung gibt es ein Mindestmaß an Respekt, Fairness und Menschlichkeit, das man sich entgegenbringen sollte. Für mich war dies immer Richtschnur meiner politischen Arbeit und wird auch weiterhin so sein."


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