Gelnhäuser Ex-Bürgermeister Glöckner: "Ich war der Meinung, dass ich das Beste gegeben habe"

Der ehemalige Gelnhäuser Bürgermeister Daniel Christian Glöckner (hier vor dem Berliner Schloss) nimmt sich eine Auszeit. Quelle: Privat

Gelnhausen
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Am 15. November 2017 startete Daniel Christian Glöckner mit vielen Vorschusslorbeeren als Bürgermeister in Gelnhausen. Die Hoffnung in der Barbarossastadt: Mehr gestalten als verwalten. Doch nach sechs Jahren gaben die Wählerinnen und Wähler dem inzwischen 46-Jährigen ein schlechtes Zeugnis, er schaffte es nicht einmal in die Stichwahl. Zwei Monate nach seinem Abschied aus dem Rathaus spricht der FDP-Politiker über seine Zeit auf dem Rathauschefsessel in seiner Heimatstadt.

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Herr Glöckner, wie geht es Ihnen nach dem Abschied aus dem Rathaus?
Daniel Glöckner:
„Zurzeit ist es wie als habe man Urlaub - jedoch ohne die Verantwortung, die man als Bürgermeister sonst auch im Urlaub mit sich trug.“

Warum haben Sie nicht erneut das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler bekommen?
Glöckner:
„Vielleicht hätte ich noch mehr auf die vielen umgesetzten Projekte hinweisen müssen, allerdings war die Pressearbeit unserer Stadtverwaltung hervorragend. Wir haben über den vergangenen fünf Jahren zwei Kitas neugebaut, eine total saniert, ein Krippenhaus fertig gestellt und Waldkindergartenplätze geschaffen. Darüber hinaus Straßen saniert, Bushaltestellen mobilitätsgerecht umgebaut, Tore und Türme saniert, Wohnmobil-Stellplätze gebaut, die ehemalige Jugendherberge zu einem lebendigen Kulturhaus transformiert. Und all diese Themen haben wir trotz der über zweijährigen Pandemie fast alle just-in-time umgesetzt. Gemeinsam haben wir während der Pandemie unseren Einzelhändlern, der Gastronomie und den Vereinen große Unterstützung geleistet. Neben diesen großen Themen waren es auch viele kleine Dinge, die umgesetzt wurden. Das alles kann im Pressearchiv auf der Webseite Gelnhausens nachgelesen werden.“

Aber trotzdem wurden Sie nicht wiedergewählt.
Glöckner:
„Durchaus habe ich im Bereich der Elternschaft weniger Stimmen erhalten, weil die Kindergartensatzung aktualisiert wurde und die Beteiligungsrechte der Eltern anders als von ihnen gewünscht aussah. Einige Wähler waren der Meinung, die Stadthalle hätte viel schneller wieder instandgesetzt und das JOH-Areal neubebaut werden können, aber leider wurde auch vergessen, dass wir über zwei Jahre durch eine weltweite Pandemie eingeschränkt wurden. Trotzdem haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung einen hervorragenden Job gemacht und die wichtigen Alltagsthemen umgesetzt.“

Sie sind mit viel Euphorie gestartet, doch viele Unterstützer kritisierten schnell, dass aus dem erhofften Gestalter ein Verwalter geworden ist. Haben Sie die Verwaltungsarbeit und den damit verbundenen Zeitaufwand unterschätzt?
Glöckner:
„Meine Euphorie hat nie aufgehört und gestaltet habe ich bis zum Schluss, doch gab es noch einige Altlasten, die viel Zeit in Anspruch genommen haben.“

Warum haben Sie nie klar benannt, was vor Ihrer Zeit in Gelnhausen schiefgelaufen und vor allem wer dafür verantwortlich ist?
Glöckner:
„Weil ich der Meinung war, dass es allen eigentlich hätte klar sein müssen. Ich war vor dem 15. November 2017 weder für den Mittlauer Weg, noch für das JOH-Areal oder die schlechte Situation in der Stadthalle verantwortlich. Als die Stadthalle erbaut wurde, war ich sieben Jahre alt. Der Mittlauer Weg und die berühmten 38,50 Euro pro Quadratmeter wurden zu einer Zeit festgelegt, als ich weder Bürgermeister noch Stadtrat war. Die Zeitverzögerungen beim JOH resultieren aus einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, gemeinsam mit der Kreissparkasse das Gelände für den Main-Kinzig-Kreis neu zu beplanen.“

Also fragen wir es einmal ganz direkt: Sind Sie an den ungelösten Problemen Ihres Vorgängers Thorsten Stolz gescheitert?
Glöckner:
„Das Scheitern der einen Person kann nicht auf das Nichtstun oder Unterlassen einer anderen Person zurückgeführt werden. Man kann es selbst immer nur besser machen. Und ich war der Meinung, dass ich das Beste gegeben habe.“

Das Kaufhaus Joh steht immer noch so da wie bei der Schließung 2013. Ärgert Sie das nicht auch, wenn Sie daran vorbeilaufen?
Glöckner: „Wir, das heißt die Stadtverordnetenversammlung und der Magistrat, dem ich vorsaß, hätten nach dem gescheiterten Outlet gleich in die europaweite Ausschreibung gehen sollen anstatt mit der Kreissparkasse in die Planung. Doch die damaligen Stadtverordneten haben im Frühjahr 2019 mit einer Mehrheit beschlossen, dass die Verwaltung, also der Magistrat und ich, mit der Kreissparkasse ein Verwaltungszentrum für den Main-Kinzig-Kreis planen sollen. An diesen Beschluss mussten wir uns als Magistrat halten. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Stadtplanung sowie der betreuenden Anwaltskanzlei haben wir eine transparentes Vergabeverfahren gestartet. Darin wurden alle Wünsche der Stadtverordnetenversammlung berücksichtigt. Alle politischen Gremien der Stadt sowie die Entscheidungsorgane der Stadtentwicklungsgesellschaft haben einstimmig für diese Form der Vergabe und die Planung votiert. Ich bin mit den Dingen, die bis zu meinem Ende der Amtszeit geschaffen wurden, sehr zufrieden. Und von vielen Entscheidungsträgern habe ich das Gleiche vernommen.“

Und die Stadthalle: Es ist doch jedem klar, dass eine Stadt wie Gelnhausen nicht jahrelang ohne Veranstaltungshalle auskommen kann. Kann ein Bürgermeister da nicht mehr bewegen?
Glöckner:
„Wir, die Verwaltung und der Magistrat, haben sehr viel dafür getan und eine enorme Grundlagenarbeit geleistet. Viel schlimmer waren immer die Mutmaßungen, dass in der Vergangenheit von irgendwem irgendwelche Dinge falsch gemacht wurden. Denken Sie nur an die vielen Akteneinsichtsausschüsse. Diese lähmen eine Verwaltung und den Magistrat immens. Ich freue mich jetzt umso mehr, dass die bis dato geleistete Vorarbeit für die Stadthalle der Zukunft gute Früchte getragen hat und mit großem Konsens auch die ersten 5 von 9 Schritten bei der zu realisierenden Sanierung getroffen wurden.“

Im Wahlkampf wirkten Sie teilweise wie ein Einzelkämpfer. Haben Sie sich von Ihrer Partei ausreichend unterstützt gefühlt?
Glöckner:
„Ich stand zur Wahl, nicht die FDP. Die FDP stand und steht immer hinter mir. Eine Bürgermeisterwahl ist eine Personenwahl. Ich habe während meiner Amtszeit für alle Bürger in unserer Stadt Entscheidungen getroffen und nicht für eine Partei. Ohne die FDP hätte ich den Wahlkampf, der neben einem klassischen Bürgermeisteralltag geleistet werden muss, gar nicht schaffen können.“

Wird man sie auf politischer Ebene wiedersehen?
Glöckner:
„Kommt Zeit, kommt Rat. Ich nehme eine Auszeit - wie lange diese dauern wird, kann ich nicht sagen.“

Und wie sehen Ihre beruflichen Pläne aus?
Glöckner:
„Das weiß ich noch nicht. Ich habe so viele Interessen, so dass ich selbst erst einmal schauen muss, worauf ich den Fokus in meinem zukünftigen Arbeitsleben legen möchte.“

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Der ehemalige Gelnhäuser Bürgermeister Daniel Christian Glöckner (hier vor dem Berliner Schloss) nimmt sich eine Auszeit.


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