Stadt und Bundesagentur für Arbeit planen gemeinsame Einrichtung

Hanau
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Bürgerfreundlich, innovativ und einmalig in Hessen wird die gemeinsame Einrichtung sein, die die Stadt Hanau und die Agentur für Arbeit Hanau in der partnerschaftlichen Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II vom 1. Januar 2021 an betreiben wollen.



"Unser Ziel ist es, die beste Dienstleistung für die Hanauer Bürgerinnen und Bürger sowie die Hanauer Unternehmen zu erbringen," so die Maxime aller Beteiligten. Im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag stellten Oberbürgermeister Claus Kaminsky, Dr. Frank Martin (Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit), Bürgermeister Axel Weiss-Thiel sowie Heike Hengster (Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hanau) ihre Pläne für die künftige Anlaufstelle vor und unterzeichneten im Anschluss daran einen "Letter of Intent", der die gemeinsame Absicht und Zielsetzung verbindlich dokumentiert.

"Einmal mehr ist es uns gemeinsam mit einem starken Partner gelungen, ein maßgeschneidertes Hanauer Modell zu entwickeln, von dem alle Beteiligten profitieren, das aber vor allem den Hanauer Bürgerinnen und Bürgern zugute kommt", so der OB. In der eigens für die Brüder-Grimm-Stadt entwickelten Konzeption werde sich nicht nur das originäre Jobcenter unter der gleichen Adresse wie die Arbeitsagentur befinden, sondern durch die angedachte Ansiedlung weiterer mittelbarer und unmittelbarer Einheiten wie beispielsweise die Familienkasse oder Wohngeldstelle entstehe hier eine zentrale Anlaufstelle für alle Belange "rund um das Erwerbsleben" - unabhängig von der Frage der individuellen Bedürftigkeit. Neben diesen Vorteilen für die Hanauer Bürgerschaft bietet dieses Modell nach Kaminskys Worten über die enge Verzahnung in einem gemeinsamen Arbeitgeberservice auch den Hanauer Betrieben und Unternehmen einen Ansprechpartner in allen Fragen der Stellenbesetzung.

"Mit der Entscheidung für die gemeine Einrichtung haben wir einen wichtigen Meilenstein auf unserem Weg zur Kreisfreiheit gesetzt. Dass uns dies zu einem so frühen Zeitpunkt gelungen ist, haben wir uns selbst kaum vorstellen können," zeigte OB Kaminsky deutlich seine Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis. Dass die Verwaltungskosten für die Stadt Hanau in der gemeinsamen Einrichtung lediglich 15,2 Prozent des Verwaltungsbudgets und damit in Summe etwa eine Million Euro betragen, freue ihn als Kämmerer zusätzlich, denn die finanziellen Belastungen seien mit dieser Regelung verlässlich planbar und Überschreitungen des Budgets für den kommunalen Haushalt blieben aus.

Thematisiert wurde in den Verhandlungen nach den Worten von OB Kaminsky auch die Frage, wie nach der Entscheidung gegen ein Kommunales Center für Arbeit mit eventuell vom Main-Kinzig-Kreis zu übernehmendem Personal umgegangen werden soll. Der "Letter of Intent" regelt dazu, dass die Stadt lediglich den Anteil des Personals des heutigen KCA zu übernehmen soll, der im Rahmen des kommunalen Aufgabenanteils abzudecken ist. Die Übernahme des restlichen Personals obliegt der Bundesagentur für Arbeit. Voraussetzung sei allerdings die rechtzeitige Freistellung der KCA-Mitarbeiter. Entsprechende Vereinbarungen zwischen den beiden Trägern der gemeinsamen Einrichtung sowie dem Main-Kinzig-Kreis zu treffen, werde eine der Aufgaben sein, die von der Leitung der gemeinsamen Steuerungs- und Projektgruppe übernommen werde. Diese werde partnerschaftlich auch die weitere Aufbau- und Ablauforganisation erarbeiten. "Idealerweise kann hier bereits die zukünftige Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer eingebunden werden." OB Kaminsky betonte, dass er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KCA für "hoch engagiert und qualifiziert" hält und sie – sofern sie dies wünschen – für die Stadt oder die Bundesagentur weiter in ihrem Arbeitsbereich arbeiten können.

"Die Bundesagentur für Arbeit (BA) stellt ihre Kompetenz beim Aufbau der gemeinsamen Einrichtung in allen Aspekten der Aufbau- und Ablauforganisation zur Verfügung. Hierdurch garantieren wir eine unverzügliche Arbeitsfähigkeit", kündigte Dr. Martin an und ergänzte, dass man darüber hinaus sicherstellen werde, dass zum Starttermin der gemeinsamen Einrichtung eine voll funktionsfähige Einheit mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, funktionsfähiger IT, möblierten Räumlichkeiten, einem durchdachten Geschäftsmodell sowie einem ausreichenden Maßnahmenangebot zur Verfügung stehe. Gemeinsam werde ein Raumkonzept für die neue Liegenschaft erstellt, das sowohl rechtskreisübergreifende Prozesse unterstützt als auch die Zusammenarbeit fördert. "Die rechtzeitige Bereitstellung eines Neubaus, der erklärtes Ziel für die neue Einheit ist, hängt sowohl vom Termin einer rechtsverbindlichen Entscheidung als auch vom anschließenden Genehmigungsverfahren ab." Wie Dr. Martin weiter ausführte, werde die zusätzlich geplante Sanierung des Bestandsgebäudes in Abhängigkeit vom Gesamtkonzept erfolgen und unter Umständen zugunsten von Abriss und Neubebauung der gesamten Liegenschaft zurückgestellt. OB Kaminsky freut sich ausdrücklich über die damit verbundene bauliche Aufwertung des Hauptbahnhofgeländes, welches die Stadt sowieso weit oben auf der Prioritätenliste habe.

Der neu entstehenden Anlaufstelle werde in jedem Fall eine räumliche und organisatorische Anbindung an die Agentur für Arbeit ermöglicht. Zudem erhalte die Stadt Hanau auf diese Weise die Möglichkeit, dort weitere eigene Einheiten zu etablieren. "Auch für uns ist diese Konzeption etwas Besonderes und wir können uns gut vorstellen, dass die Einrichtung als Leuchtturmprojekt Vorbildcharakter für andere Standorte entwickeln kann," so der Vorsitzende der Geschäftsführung der hessischen Regionaldirektion.

Welch hohe Bedeutung dem Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit und damit einhergehender Armut gerade auf Städte zukommt, unterstrich Bürgermeister und Sozialdezernent Weiss-Thiel, der sich vor allem von der engen Verzahnung zwischen Jobcenter und weiteren städtischen Stellen des Sozialbereichs kurze Wege und eine höhere Effizienz erhofft. Gerade was das Thema Jugendarbeitslosigkeit angehe, so der Sozialdezernent, erhoffe er sich von einer engeren Zusammenarbeit der verschiedenen Partner wie Schule, Jugendamt, BA und gemeinsamer Einrichtung aufeinander abgestimmte Maßnahmen, die nach dem Motto "Kein Jugendlicher geht verloren" ein frühzeitiges Eingreifen ermöglichen, um so positiven Einfluss auf die Schul- und Berufsbiographien junger Menschen zu nehmen.

Dass die Stadt ihre Einflussmöglichkeiten in der gemeinsamen Einrichtungen wahren wird, sollte nach den Worten von Bürgermeister Weiss-Thiel dadurch sichergestellt sein, dass die Besetzung der Geschäftsführung des Jobcenters ebenso wie die Übernahme des Vorsitz der Trägerversammlung für die erste Legislaturperiode der Stadt Hanau obliege. Die Trägerversammlung wird paritätisch besetzt sein. Seitens der Stadt Hanau werden neben dem hauptamtlichen Magistrat auch die Vertreter und Vertreterinnen aller Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung einen Sitz haben. Die Agentur für Arbeit werde zunächst den Vorsitz des arbeitsmarktlichen Beirats übernehmen. Hier besetzt die Stadt Hanau die Stellvertretung. Vorsitz von Trägerversammlung und Beirat wechseln im Fünf-Jahresrhythmus zwischen den Partnern.

"Darüber hinaus dokumentiert sich unser Gestaltungswillen auch darin, dass weitere kommunale Servicestellen künftig eng verzahnt mit der Agentur für Arbeit zusammenarbeiten werden." Über notwendige lokale Schwerpunkte und Strategien zum Abbau der (Langzeit)-Arbeitslosigkeit werde in der paritätisch besetzten Trägerversammlung entschieden, um anschließend die Jobcenter-Geschäftsführung entsprechend mit der Umsetzung zu beauftragen. "Uns bleibt es überlassen, über ein eigenes, zusätzliches Arbeitsmarktbudget zusätzliche oder ergänzende Schwerpunkte zu setzen."

Eine wesentliche Neuerung, die mit der gemeinsamen Einrichtung einhergehen wird, ist nach Ansicht von Heike Hengster, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Hanau, der wechselseitige Zugriff auf alle relevanten Daten. Während es dem Kommunalen Center für Arbeit bisher nicht möglich ist, auf die Daten freier Stellen zuzugreifen, soll künftig dank der zu nutzenden IT sichergestellt werden, dass ein bundesweiter Zugriff erfolgen kann. Damit soll es einerseits möglich werden, Hanauer Arbeitslose auf Stellen außerhalb der Stadt zu vermitteln, und andererseits zur Fachkräftesicherung der ansässigen Betriebe ebenso bundesweite Vermittlungsmöglichkeiten auf Hanauer Stellen eröffnet werden.

Daneben könne die gemeinsame Einrichtung auf ein breites Spektrum an spezialisierten Einheiten wie das Regionale Einkaufzentrum oder den Berufspsychologischen Dienst bis zum Call Center zurückgreifen. Wie Hengster erklärte, bietet es sich insbesondere in der Startphase an, über den Zukauf von Dienstleistungen nachzudenken. Mit diesem flexiblen Angebot sichere sich die gemeinsame Einrichtung dauerhaft den Zugriff auf die unterstützende Infrastruktur der Bundesagentur für Arbeit, behalte jedoch gleichzeitig maximale Flexibilität sowohl für die Startphase als auch für die Zukunft.


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