Rousselle-Grabmal von privat restauriert

Hanau
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Hanaus Friedhöfe beheimaten 90 denkmalgeschützte Einzel-Grabmäler. Stadtrat Thomas Morlock nennt sie "einen Schatz für unsere Stadtgeschichte und für unsere Friedhofskultur".



Sie gehen zurück bis ins späte 18. Jahrhundert, tragen teils bekannte Hanauer Namen und bestechen durch ausgefallene Formen wie Grufthaus, Sarkophag, Mausoleum, außergewöhnliche Grabanlagen oder künstlerische Grabsteine. Ein bereits aufgrund seiner Einfriedung imposanter Grabbezirk ist auf dem Friedhof Steinheim-Nord von 2014 bis 2018 von einem Nachfahren aufwendig restauriert worden: das Grabmal der Industriellenfamilie Rousselle.

Es wurde errichtet zum Gedächtnis des Begründers des ersten Rousselle'schen Basaltwerks, Jean Pierre Rousselle, dessen hugenottische Vorfahren sich Anfang des 19. Jahrhunderts in Steinheim niedergelassen hatten. Jean Pierre Rousselle starb 1865 mit nur 36 Jahren; er hatte die Firma wenige Jahre zuvor gegründet. aDie zentrale Inschrift weist das Grabmal ausdrücklich als "Familien Denkmal" aus. Begraben sind hier auch die schon 1861 mit nur zwei Jahren aus dem Leben gerissene Tochter Sophie und die Ehefrau Anna Maria mit dem Todesjahr 1890. Anna Maria hatte in den 25 Jahren nach Jean Pierre die Basaltwerke um weitere vier Steinbrüche erweitert, was ihr im Volksmund den Titel "Steinbruch-Königin" eintrug. Die Familie betrieb in Steinheim darüber hinaus die Gastwirtschaft "Mainlust" an der Uferstraße, wo heute das Senioren-Pflegezentrum "Mainterrasse" anzutreffen ist.

Ihr ältester Sohn Wilhelm war eine für Steinheim bedeutende Persönlichkeit. Er gründete 1906 die Mitteldeutsche Hartstein-Industrie AG aus Betrieben der Familie Rousselle in Steinau sowie dem Steinbruch Bischofsheim/Rhön der Bayerischen Hartstein-Industrie AG, Würzburg. Der Firmensitz befand sich Anfang des 20. Jahrhunderts für einige Jahre ebenso in der Ludwigstraße wie auch das Wohnhaus Rousselle – beide Gebäude stehen wie das Grabmal ebenfalls unter Denkmalschutz. 1913 wurde der Firmensitz nach Frankfurt verlegt. 1995 erfolgte die Rückkehr der MHI AG in das neue Verwaltungsgebäude in Steinheim, Senefelder Straße.

Wilhelm Rousselle war 18 Jahre im Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde Steinheim und überließ das Baugelände für deren 1902 errichtete Kirche in der Ludwigstraße, wo auch das Steinheimer Familien- und Generationen-Zentrum beheimatet ist. Ein Fenster im Chor der Kirche mit der Bibelszene "Die Auferstehung Christi" stiftete die Familie Wilhelm Rousselle. Die wichtigsten Daten aus der Familiengeschichte sind auf zwei neuen Tafeln am Grabmal in Steinheim-Nord zu lesen. Dr. Helmut Jenne, bei Heidelberg ansässiger Urenkel von Jean Pierre und Anna Maria Rousselle, hat das Grab seiner Urgroßeltern und Großeltern jetzt in den vergangenen vier Jahren auf eigene Kosten originalgetreu restaurieren lassen. Das hat ihn nach eigenen Angaben rund 54.000 Euro gekostet.

Zeitaufwendig sei insbesondere gewesen, die eisernen Ketten zwischen den Säulen der Einfassung originalgetreu wiederherstellen zu lassen, schildert Dr. Jenne. Verblieben gewesen sei nämlich nur ein Kettenglied samt Halterung an der Eingangssäule. Rund ein Jahr habe es gedauert, bis     ein geeigneter Handwerker gefunden und dieses Gestaltungselement des Grabmals restauriert war. Das Metall der Ketten war wohl während des zweiten Weltkriegs eingeschmolzen worden.

Der Hanau-Band der "Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland - Kulturdenkmäler in Hessen" zeigt im Jahr 2006 das Roussell-Grabmal noch ohne Ketten und in relativ verwildertem Zustand. Efeu überwucherte einen Teil der Einfassung, und das Grabfeld war umfassend mit Gras bewachsen, wie 2012 Fotos von Dr. Jenne zeigen. Jetzt ist es mit einem gepflasterten Mittelweg versehen, gesäumt von Basaltkiesel auf beiden Seiten und großen grünen Sträuchern am Rand.

Dr. Jenne ließ die Einfassungssäulen überarbeiten und ersetzen, wo sie fehlten; Schmucksteine zu beiden Seiten des Grabdenkmals nach der Vorlage alter Fotos wiederherstellen und die Buchstaben auf dem Grabmal nachziehen. Er dankte der Stadt Hanau das Denkmal schon vor der Restaurierung stabilisiert zu haben und brachte die Hoffnung zum Ausdruck, "dass es wohl weitere 153 Jahre überstehen wird". Hanaus Stadtrat Thomas Morlock bedankt sich für diesen "außergewöhnlichen Einsatz zum Wohl des Denkmalschutzes". Dem für Friedhöfe zuständigen städtischen Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service "wäre das in diesem finanziellen Umfang nicht möglich gewesen". Dr. Jenne habe einen bedeutenden Beitrag geleistet, um das Familien-Denkmal "als Quelle der Stadtgeschichte zu erhalten".

Foto: Die wichtigsten Daten aus der Familiengeschichte sind auf zwei neuen Tafeln am Grabmal in Steinheim-Nord zu lesen.
Foto: Alexandra Kinski (rechts), Leiterin der Hanauer Friedhofsverwaltung, und ihr Stellvertreter Thomas Asbach machen sich auf dem Friedhof Steinheim-Nord ein Bild vom restaurierten Rousselle-Grabmal.
Foto: Originalgetreu restauriert: mit eisernen Ketten zwischen den Säulen der Einfassung; die Einfassungssäulen überarbeitet und ersetzt, wo sie fehlten.

Fotos: Stadt Hanau

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