hr berichtet über Geschäftspraktiken eines Immobilienentwicklers

Hanau
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Die in Hannover ansässige Gesellschaft German Property Group, ehemals Dolphin Capital bzw. Dolphin Trust, wirbt mit der Instandsetzung und Entwicklung denkmalgeschützter Immobilien. Recherchen des Bayerischen Rundfunks und des Hessischen Rundfunks sowie der BBC sollen belegen, dass die Immobilien an vielen Orten in Deutschland verfallen und nicht entwickelt werden.



"Das verärgert Kommunen, Mieter und Anwohner. Beispiele dafür finden sich auch in Hessen und Bayern. Gleichzeitig gibt es Anleger im Ausland, die auf die Rückzahlung ihrer Gelder warten. In mehreren Städten berichten Bürgermeister, dass selbst grundlegende Pflichten teilweise nur nach mehrmaliger Aufforderung oder auch gar nicht erfüllt würden. So kritisieren Mieter in einer Siedlung im hessischen Hanau, dass die Gesellschaft über mehrere Jahre nicht mit den Sanierungsarbeiten begonnen habe. Dabei hatte die Gesellschaft der Stadt die Sanierung vertraglich zugesichert. Die 13 Häuser erwarb Dolphin 2014 für 6,1 Mio. Euro. Statt zu sanieren, versuchte die damalige Dolphin Capital und heutige German Property Group die Siedlung 2017 für 9,9 Mio. Euro weiterzuverkaufen, und das trotz des inzwischen fortgeschrittenen Verfalls. Die Stadt Hanau wollte das nicht hinnehmen und versuchte, die Siedlung zurückzukaufen, ohne Erfolg. Seitdem streiten die Stadt und die Gesellschaft vor Gericht", heißt es in einer Pressemitteilung.

Der Hanauer Oberbürgermeister, Claus Kaminsky, kritisiert demnach: „Das hat mit dem, was im Grundgesetz steht – ‚Eigentum verpflichtet‘ – in einem sozialen Rechtsstaat nicht das Geringste zu tun. Und wie man sich gegenüber den Mieterinnen und Mietern dort verhalten hat und verhält, das ist aus meiner Sicht schlicht asozial.“ Auf Nachfrage verweise die German Property Group auf das laufende Gerichtsverfahren, welches einer Sanierung entgegenstehe.

Die Recherchen der beiden ARD-Sender sollen zeigen, dass die Geschäftspraktiken der Gesellschaft in verschiedenen deutschen Orten bekannt seien. Immobilien, die im Besitz jener Projektgesellschaften seien, würden teils über Jahre hinweg nicht entwickelt, selbst wenn sie ortsbildprägend und denkmalgeschützt seien. Zum Beispiel die alte Stockaumühle im bayerischen Reichertshofen bei Ingolstadt: Seit über 600 Jahren sei das Gebäude das Wahrzeichen der Gemeinde. Dolphin habe beim Kauf im Jahr 2013 den Bau attraktiver Wohnungen angekündigt. Doch passiert sei nichts, das Gebäude verfalle immer mehr, inzwischen würden sogar Bäume aus dem Dach wachsen. Seit Jahren werde die Mühle von Jugendlichen als Partylocation genutzt. Bürgermeister Michael Franken sei enttäuscht: „Ich find es halt sehr verwunderlich, dass man die letzten fünf Jahre nicht genutzt hat, so ein Projekt zu entwickeln. Die Immobilienpreise bei uns in der Region sind explodiert, die Mietnachfrage ist sehr hoch.“

Warum passiert so wenig, wollten BR und hr von der Gesellschaft wissen. Auf einen ausführlichen Fragenkatalog hätten Anwälte auf 15 Seiten geantwortet, die meisten Fragen seien aber unbeantwortet geblieben. Zitieren dürfen die Sender aus dem Schreiben nicht. Zu einem weiteren Fall aus Augsburg heiße es, die Bauarbeiten würden laufen, eine Fertigstellung sei im Jahr 2020 geplant. Nach ihrem Geschäftsmodell befragt, hätten die Anwälte der Gesellschaft geantwortet, die Investoren kämen aus England und aus dem asiatischen Raum. In England laufe das Investment über institutionelle Investoren, vornehmlich über Pensionskassen.

"Weit über 300 Millionen Euro hat Dolphin laut den Recherchen in den vergangenen Jahren von seinen Anlegern erhalten. Das Geschäftsmodell sieht vor, dass dieses Kapital zum Ankauf der sanierungsbedürftigen Gebäude genutzt wird. Die eigentliche Renovierung sollen dagegen deutsche Käufer finanzieren, die den Kaufvertrag bereits vor dem Start der Sanierungsarbeiten unterschreiben. Sobald ein Großteil der Wohnungen in einem Objekt verkauft ist, beginnt Dolphin mit den Bauarbeiten und zahlt im selben Zug seine ausländischen Anleger wieder aus, so der Plan. Die BBC recherchiert seit Jahren ebenfalls zu Geschäftspraktiken von Dolphin bzw. der German Property Group. Laut der BBC handele es sich bei den Investoren häufig um britische Kleinanleger, die ihre Renten, über die Pensionskassen vermittelt, in Dolphin-Projekten angelegt hätten. Mit Renditeversprechen von bis zu 15 Prozent. Seit Sommer 2018 würden vermehrt Fälle bekannt, in denen Dolphin-Anleger ihre zur Rückzahlung anstehenden Darlehen nach Auslaufen ihrer Verträge nicht pünktlich zurückgezahlt bekommen hätten. Die German Property Group lässt durch ihre Anwälte mitteilen, die Objekte seien ausdrücklich keine Spekulationsobjekte, und von den verzögerten Rendite-Zahlungen seien nur 20 Prozent der Investoren betroffen. Dieses Risiko sei den Anlegern bekannt gewesen, die Anlage sei abgesichert und Verzögerungen würden entschädigt", heißt es in der Pressemitteilung von HR und BR weiter.

Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Peter Mattil, sei bei solchen Anlagen skeptisch: „Es ist weder ein Wertpapier, das ich irgendwann mal weiterverkaufen kann, noch ist es reguliert oder eine Immobilie. Das ist eigentlich ein Fantasieprodukt. Man gibt Geld hin und hat eigentlich überhaupt keine Ahnung, was damit geschieht.“ Mehr zum Thema zeigt der Hessische Rundfunk auf hessenschau.de, in der Mediathek und am Montag, 27. Mai 2019, um 20.15 Uhr im Landesmagazin „defacto“ im hr-fernsehen.


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