FDP Hanau feiert 75-jähriges Bestehen mit Hauptredner Dr. Wolfgang Gerhardt

Hanau
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Am vergangenen Samstag feierte der Stadtverband der Hanauer FDP sein 75-jähriges Bestehen in den Räumen des Hessischen Spielzeug- und Puppenmuseums im Arkadenbau der Parkpromenade Wilhelmsbad.



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Der Ort sei nicht zufällig gewählt, begründete der Vorsitzende der Hanauer Liberalen, Henrik Statz, in seiner Begrüßung, schließlich sei hier vor der Haustür mit dem Wilhelmsbader Fest, im Jahr 1832 die Fortsetzung des Hambacher Fests gefeiert worden, bei dem die Saat des freiheitlichen Nationalstaats ausgesät wurde. Neben den Mitgliedern der Hanauer FDP waren außerdem die Mitglieder des Magistrats und die Mitglieder des Präsidiums der Stadt Hanau eingeladen. So ließen alle Parteien für die akademische Feier der Freien Demokraten einen Moment den Ideenwettbewerb um Deutschlands höchstes Haus ruhen, wofür Statz allen Anwesenden dankte.

In seinem Redebeitrag analysierte der Vorsitzende der Hanauer FDP die Verwechslungsgefahr zwischen Freiheit und Befreiung. Während man sich Freiheit aktiv nehmen müsse, verlasse man sich bei Befreiung auf die anderen und dies sei ein großer Fehler, denn insgesamt brauche Deutschland zur Erneuerung mehr Selbermacher statt Mitläufer. Revolutionen seien nur solche, die ihre neuen Freiheiten zu nutzen wissen und eine Idee haben wie es weitergeht, wenn der Tyrann erst einmal tot ist, sonst verfalle man immer wieder zurück in alte Verhaltensmuster. Freiheit sei die Grundvorrausetzung, um die neuen Ressourcen wie Talent, Kreativität und Ideen entfalten zu können. Im Anschluss gedachten die rund 35 Gäste den in diesem Jahr verstorbenen Mitgliedern Hiltrud Wilfert und Peter Michael Stoll. Für 20 Jahre Mitgliedschaft bei der Hanauer FDP wurde Angelika Opfermann geehrt. Mit der Theodor Heuss Medaille für 25 Jahre Mitgliedschaft wurden durch den Vorsitzender der FDP Main-Kinzig, Daniel Protzmann, Dr. Hans-Volker Lill, Markus Brunn und Herman Wetekam geehrt.

Der Betreuungsbundestagsabgeordnete Peter Heidt aus Bad Nauheim berichtete in seinem Grußwort zum Jubiläum von dem Kampf um die Freiheit an vielen Orten der Welt. Als Mitglied im Ausschuss für Menschrechte erlebe er dramatische Entwicklungen in Afghanistan aber auch beispielsweise in Hong Kong. Der stellvertretende Vorsitzende der Hanauer Liberalen, Holger B. Vogt, lieferte einen historischen Abriss der Hanauer Liberalen, angefangen mit der Gründung der Liberalen Partei Deutschlands im Jahr 1946, hinweg über sämtliche Höhen und Tiefen der Partei und ihrer Geschichte, teilweise auch in außerparlamentarischer Opposition.

Den Höhepunkt der Veranstaltung bildete zweifelsohne der Beitrag des ehemaligen Bundesvorsitzenden und Vorsitzenden der Bundestagsfraktion und früheren Hessischen Staatsministers für Wissenschaft und Kultur, Dr. Wolfgang Gerhardt. Seine gleichermaßen kluge wie messerscharfe Analyse der gegenwärtigen Strömungen in Gesellschaft und Politik beeindruckte die Gäste von allen Parteien. „Eine Empörungsgesellschaft gerät so leicht in den Verlust wirklichen Urteilsvermögens. Dauergereiztheiten auf die Wirklichkeit, Arroganz gegenüber Realitäten, Hass auf alles was funktioniert, selbst unsere Sprache wird von einem Putzfimmel heimgesucht,“ erklärte der 78-jährige Gerhardt. Die politischen Ränder seien in Bewegung gekommen und bedienten sich der Angebote der politischen Apotheke, lesen aber nicht die Beipackzettel, achten nicht auf Nebenwirkungen und Verfallsdaten. In Deutschland erlebten wir eine Art Simulation von Politik, die lediglich den Eindruck vermittle, als würden die Dinge energisch vorangetrieben. Mit großer intellektueller Leichtigkeit nahm Gerhardt die hochaufmerksamen Gäste mit auf eine Reise durch die geisteswissenschaftliche Geschichte von der Antike zur Gegenwart, immer am Puls der Herausforderungen der Gegenwart und immer mit einem liberalen Kompass, der die Möglichkeiten und Verantwortung beim einzelnen sucht. Fehlendes Wissen versuche man mit Glauben zu kompensieren. Das mache politische Anschauungen zu einer Art Ersatzreligion.


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