Begegnung mit der Einsamkeit

Von links: Meinrad Wösthoff, der Vorsitzende der AGH und Leiterin Annette Böhmer-Seeliger freuten sich über die interessanten und nachdenklichen Impulse von Bärbel Schäfer zum Thema Einsamkeit.

Hanau
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Es ist ein Thema, über das kaum jemand öffentlich spricht und das doch so viele Menschen betrifft: Einsamkeit.



In ihrem Buch „Avas Geheimnis“ setzt sich Moderatorin und Journalistin Bärbel Schäfer intensiv mit diesem Thema auseinander. Beim Jahresempfang der Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst (AGH) im Dechant-Diel-Haus Hanau berichtete sie den Gästen von ihrer Begegnung mit der Einsamkeit und teilte viele persönliche Gedanken hierzu mit den Anwesenden. Aber auch ein Blick auf die Arbeit des ambulanten Hospizdienstes in Trägerschaft des Caritas-Verbandes für den Main-Kinzig-Kreis durfte natürlich nicht fehlen.

Einsamkeit hat viele Gesichter, wie auch der Vorsitzende der AGH, Meinrad Wösthoff, weiß. Auch die Ehrenamtlichen der AGH begegnen diesem Thema bei ihrer Arbeit immer wieder. „Wir als Hospizdienst wollen verhindern, dass jemand in Einsamkeit seinen letzten Weg gehen muss“, betont er. Ein Ziel, dass auch den zahlreich erschienen Gästen aus Politik, Ehrenamt und Netzwerk am Herzen liegt. „Ohne dieses Netz wären wir lange nicht das, was wir sind an Hilfe und Unterstützung“, stellt AGH-Leiterin Annette Böhmer-Seeliger fest. Wie wichtig diese Hilfe für Betroffene ist, und mit wie viel Herz sich die Ehrenamtlichen hier einbringen, verdeutlichte sie mit einem anschaulichen Beispiel aus dem AGH-Alltag. Innerhalb weniger Stunden konnten hier an einem Freitagnachmittag Ehrenamtliche für die Begleitung von drei Patienten plus eine Übersetzerin gefunden werden. „Warum läuft so eine Situation an einem Freitagnachmittag um 13:30 Uhr bei uns so gut?“ fragt Böhmer-Seeliger. Die Antwort darauf ist vielschichtig. Die gute Struktur und der enge Kontakt zu den Ehrenamtlichen sind sicherlich ein wichtiger Teil davon. „Aber wir können ja nur das strukturieren, was uns an Ressourcen zur Verfügung gestellt wird.“ Aus diesem Grund sieht Böhmer-Seeliger in der Ausbildung der ehrenamtlichen Hospizbegleiter*innen einen wichtigen Grundstein für das erfolgreiche Gelingen. Bereits der 24. Ausbildungskurs ist in diesem Jahr mit 13 Teilnehmer*innen gestartet. Über den Zeitraum eines Jahres lernen sie in insgesamt 160 Stunden alles, was sie für ihren besonderen Einsatz wissen müssen. Dafür sorgt Diplom-Psychologin Karin Ruch, die den Kurs leitet. „Du sensibilisierst jede und jeden für die eigenen Fähigkeiten und Gefühle. Du schaffst diesen sicheren Raum, in dem sich diese Fähigkeiten entwickeln können“, bedankte sich Böhmer-Seeliger. Für den Dienst, Menschen beim Sterben zu begleiten, müsse man fühlen können, die eigenen Grenzen kennen und die der anderen respektieren. Dank der guten Ausbildung wissen die Mitglieder der AGH um ihre Kompetenzen und Grenzen und können aus dieser Sicherheit heraus ihre Dienste anbieten. „Eigentlich zu jeder nur denkbaren Zeit und nur deshalb mussten wir im vergangenen Jahr von 210 Begleitungsanfragen nicht eine ablehnen.“ Wie wichtig ein solches soziales Netz und eine Sorgekultur für eine Gesellschaft seien, betonte auch die erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler, die sich herzlich für das Engagement der AGH bedankte. Auch die Hanauer Stadträtin Isabelle Hemsley, schloss sich diesem Dank an und sprach allen Hospizbegleitern ihren großen Respekt für dieses besondere Ehrenamt aus.

„Avas Geheimnis“ ist der dritte Band einer Reihe, in der sich die Autorin mit schweren Themen auseinander setzt. Dabei stellt sie fest, wie groß das Tabu ist, offen über Einsamkeit zu sprechen. Wenn sie bei Lesungen frage, wer schon einmal arbeitslos gewesen sei, oder wer geschieden ist, so melden sich immer Leute. „Aber zu fragen: Sind sie einsam? Da hat sich bei all den Lesungen noch niemand gemeldet“, stellt sie fest. Die Frage danach, wer da sei und die Wogen glätte, wenn das Leben hohe Wellen schlage, ist bei der Protagonistin ihres Buches nicht beantwortet. Die junge Frau lebt auf dem „Planet Einsamkeit“ und ist gefangen in der Welt ihres beigefarbenen Wohnzimmers und ihrer eigenen, trüben Gedanken. Mit viel Einfühlvermögen und bildstarker Sprache setzt sich Schäfer mit Avas Emails auseinander, geht eigenen Gedanken nach und teilt manch wissenswerte Information zum Thema Einsamkeit mit ihren Zuhörern. In der stimmungsvollen Lesung wird auch deutlich, wie wertvoll es für Betroffene ist, dass einfach jemand da ist, der einem zuhört und wie wichtig es ist, sich selbst einfach öfter mal in den Arm zu nehmen.

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Von links: Meinrad Wösthoff, der Vorsitzende der AGH und Leiterin Annette Böhmer-Seeliger freuten sich über die interessanten und nachdenklichen Impulse von Bärbel Schäfer zum Thema Einsamkeit.


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