Artenschutz-Ausgleichsflächen sind hergestellt

Mittelbuchen
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Nach dem zustimmenden Beschluss der Hanauer Stadtverordneten im vorigen Mai ist der Bebauungsplan für die 122 Wohneinheiten des Vorhabenträgers Bien Ries AG in Mittelbuchen-Nordwest rechtsverbindlich.



"Jetzt kann das Baufeld vorbereitet werden", sagt Oberbürgermeister Claus Kaminsky. Sobald nach fachgutachterlicher Aussage bestätigt wird, dass die von der Stadt zur Verfügung gestellten Alternativflächen für Feldhamster und Feldlerche wirksam und funktionsfähig hergerichtet sind, kann der Baubeginn umgesetzt werden. Einem Antrag auf einstweilige Anordnung zum vorläufigen Außervollzugsetzen des Bebauungsplans, von einer Mittelbücherin beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) eingereicht, sieht Kaminsky gelassen entgegen: "Ich freue mich darauf, dass damit Gelegenheit zur gerichtlichen Klärung gegeben und endgültig Rechtssicherheit geschaffen wird."

Der Antrag an den VGH fußt unter anderem auf der Befürchtung, dass der Last durch zusätzlichen Verkehr in Nachbarstraßen des Neubaugebiets nicht hinreichend Rechnung getragen werde. Er ist zudem damit begründet, dass es in Hanau keinen Bedarf an zusätzlichem Wohnraum gebe. "Wir halten diese Argumentation für wenig stichhaltig, weil vielfach widerlegt", meint der OB.

Der VGH hat die Stadt um eine Stellungnahme gebeten, sie wird derzeit erarbeitet. Solange der VGH keine Anordnung erlassen hat, steht dem Vollzug des Bebauungsplans rechtlich kein Hindernis entgegen. Oberbürgermeister Kaminsky begrüßt, dass der Vorhabenträger "das wirtschaftliche Risiko eingehen will, auch schon vor einer Entscheidung des VGH mit den bauvorbereitenden Schritten zu beginnen".

Vorhabenträger Bien Ries lässt derzeit den Mais abernten, der auf dem Baufeld gewachsen war. Anschließend lässt er nochmals kontrollieren, ob dort noch Feldhamster leben. Dass dies nicht der Fall ist, haben bisherige Inspektionen ergeben. Bestätigt sich das erneut und ist bestätigt, dass die Ausgleichsmaßnahmen wirken, wird der Boden umgepflügt und sämtlicher Restbewuchs beseitigt. Anschließend stehen archäologische Untersuchungen an, ebenso die Kampfmittel-Freimessung.

"Artenschutzrechtlich ist die Stadt Hanau mit den zur Verfügung gestellten Ausgleichsflächen im Norden Mittelbuchens auf dem richtigen Weg", sagt Oberbürgermeister Kaminsky. Er ist zuversichtlich, dass eine Überprüfung durch den eingeschalteten Gutachter und die Untere Naturschutzbehörde in Kürze bestätigen wird, dass "das neue Lebensraumangebot für Feldlerche und Feldhamster aus fachlicher Sicht funktionsfähig ist."

Ein eigens dafür gewonnener Landwirt bewirtschaftet die rund zwei Hektar Gesamtfläche bereits seit Herbst 2017 hamster- und feldlerchengerecht, indem er Weizen und Luzerne eingesät und Unkräuter durch Hacken von Hand zurückgedrängt hat. Mehrere Kontrollgänge ergaben, dass die Feldlerche die Getreidestreifen bereits angenommen hat. Das Getreide wird in diesem Jahr nicht geerntet. Auf einer zusätzlichen Vorsorgefläche wurden darüber hinaus weitere artenschutzgerechte Schritte angeordnet. Erst Anfang Oktober ist hier das Pflügen des Bodens vorgesehen, vorher herrscht Stoppelruhe zum Wohl des Feldhamsters. Durch die zusätzlichen Schritte wird auch gewährleistet, dass etwaige, durch andauernde Trockenheit entstehende Funktionsverluste der Flächen vollständig aufgefangen werden.

"Über den Schutz von Feldhamster und -lerche hinaus strebt die Stadt Hanau auf diesen Ausgleichsflächen an, auch für Feldhasen und Rebhühner ein Refugium zu schaffen", erläutert der OB. Ein solcher Offenland-Artenschutz sei "außergewöhnlich und eine positive Folge der Bebauung in Mittelbuchen-Nordwest".

Vorhabenträger Bien Ries hat sich gegenüber der Stadt Hanau verpflichtet, für die Ausgleichsflächen einmalig 350.000 Euro zu zahlen. Mit dem Geld kann die Untere Naturschutzbehörde im Sinne des Artenschutzes das Biotop bewirtschaften, bewerten und kontrollieren. In diesem Betrag enthalten ist auch ein Ausgleich für Pachtzinsen, welche für herkömmliche landwirtschaftliche Nutzung auf diesem städtischen Areal nicht mehr erhoben werden können.

Oberbürgermeister Kaminsky informierte den Mittelbücher Ortsbeirat am Mittwochabend über den Sachstand zum Baugebiet Nordwest. Ebenso berichtete er über die Dienstaufsichtsbeschwerde, welche die Interessengemeinschaft Mittelbuchen-Nordwest gegen ihn angestrengt hatte. Die Beschwerde wurde seitens des Regierungspräsidiums vollumfänglich sowohl fachlich als auch dienstlich zurückgewiesen.


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