Experimentierklausel soll Wohnen auf Sportsfield Housing ermöglichen

Wolfgang
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

"Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir zum Spielball in einer Auseinandersetzung um abweichende Auslegungen von unterschiedlichen Behörden werden, die sich wechselseitig die Verantwortlichkeiten zuschieben, ohne dass sich am Ende wirklich etwas bewegt," betont Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD), dass in Zeiten akuter Wohnungsnot alle gemeinsam an dem Ziel arbeiten müssen, das dauerhafte Wohnen auf Sportsfields Housing möglich zu machen.



Jetzt gibt es neue Hoffnung. Die Stadt sieht sich durch den am 4. November im Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf eines "Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz)" in ihren Anstrengungen zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und zum Schutz bestehender Wohngebiete bestärkt. "Wir halten gerade vor dem Hintergrund dieser Novelle auch an unserem Ziel fest, das Sportsfield-Areal als Wohnquartier zu entwickeln", so der OB. Zwar hatte die Landesregierung durch Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage des FDP-Abgeordneten Jörg-Uwe Hahn vom 26. Oktober 2020 einmal mehr ausgeführt, dass die von Hanau angestrebte Nutzung "nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich" sei und damit der Auffassung der Bundesumweltministerin Svenja Schulze widersprochen. Zugleich wird aber in der Antwort auf die Arbeiten der interministeriellen Arbeitsgruppe zu Zielkonflikten zwischen Innenentwicklung und Immissionsschutz (Lärm und Geruch) hingewiesen. Der Abschlussbericht dieser Arbeitsgruppe werde "Vorschläge zu einer Experimentierklausel" enthalten.

Dass diese Experimentierklausel in einem gesonderten Regelungsvorhaben kommen wird, bestätigt auch der Entwurf des Baulandmobilisierungsgesetzes, das sich im ersten Schritt auf Änderungen des Bauplanungsrechts konzentriert. Damit wird einem zentralen Impuls aus den im letzten Jahr veröffentlichten "Planungsrechtlichen Denkanstößen" der Stadt Hanau Rechnung getragen, die die Einführung einer solchen Experimentierklausel gefordert hatte. Sie soll jetzt in der TA Lärm umgesetzt werden, so dass der auch im Bereich Sportsfield relevante Lärmkonflikt bewältigt werden könnte. Die Landesregierung weist in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage auch darauf hin, dass im Rahmen der laufenden Novellierung der TA Luft Regelungen zur Ortsüblichkeit von Gerüchen in über lange Zeit gewachsenen Gemengelagen aufgenommen werden sollen. Oberbürgermeister Kaminsky sieht damit Anlass zu vorsichtigem Optimismus, dass sich am Ende des Tages doch eine Lösung finden lässt, die den Bestand an Wohnungen auf Sportsfield sichert.

Nicht zielführend ist nach seinen Worten die Diskussion, ob bereits nach derzeitiger Rechtslage eine Wohngebietsausweisung machbar sei. "Sie wäre jedenfalls nicht rechtssicher machbar, und die Stadt hat immer erklärt, dass sie auf Rechtssicherheit Wert legt, um den Bestand und die Möglichkeiten des benachbarten Gewerbebetriebes in keiner Weise einzuschränken", so Kaminsky. Die erforderliche Rechtssicherheit könne nun die erwartete Novellierung der bundesrechtlichen Rahmenbedingungen bringen, für deren Einführung sich auch – so Wirtschaftsminister Al-Wazir in der Antwort auf die Kleine Anfrage – die hessische Landesregierung eingesetzt habe. "Wir erwarten, dass die Landesbehörden nach Einführung der Experimentierklausel und nach der Neufassung der TA Luft dann auch unsere Pläne im Sportsfield positiv begleiten", so der Oberbürgermeister.

Auf dem Gelände der ehemaligen Sportsfield Housing Area im Hanauer Stadtteil Wolfgang stehen 22 guterhaltene Wohnblocks mit rund 400 Wohneinheiten, die jahrzehntelang als Unterkünfte für US-Soldaten und ihre Familien dienten. Derzeit werden sie teilweise als Flüchtlingsunterkünfte genutzt. Seit dem Abzug des US-Militärs kämpft die Stadt darum, die vorhandenen Wohnungen zu erhalten, um das an bezahlbarem Wohnraum in Hanau deutlich zu erhöhen. Doch dem stehen rechtliche Hindernisse entgegen, die mit der Nähe zum Industriebetrieb Goodyear Dunlop GmbH zu tun haben. Die Ausweisung eines Wohngebietes ist hier nach geltendem Baurechte derzeit nicht möglich, da es Lärm- und Geruchsimmissionen seitens des angrenzenden Betriebs geben könnte, die die zulässigen Werte überschreiten.


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de