Artenvielfalt am Hässeler Weiher wächst schneller als erwartet

Hasselroth
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Vier Jahre nach Start der Beweidung mit Heck-Rindern und Konik-Pferden am Naturschutzgebiet „Hässeler Weiher von Neuenhaßlau“ wurde durch ein Gutachterbüro im vergangenen Jahr ein faunistisches Monitoring zur Entwicklung im Gebiet durchgeführt, dessen Ergebnisse nun vom Regierungspräsidium Darmstadt veröffentlicht wurden.



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Das Naturschutzprojekt des Arbeitskreises Main-Kinzig der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) wurde damit auf den Prüfstand gestellt, was in der Vergangenheit bereits durch Projektpartner und Kritiker gefordert wurde.

Im Winter 2016 wurden die Auerochsen und Tarpane, wie sie in vielen gleichartigen Projekten verteilt über ganz Deutschland auch bezeichnet werden, zum ersten Mal auf die Weide gelassen. Dort sollten sie nichts weiter tun als das, was Weidetiere eben so tun: fressen, sich suhlen, mit den Hufen scharren oder natürlich auch das Gefressene wieder loswerden. Alles das klingt banal, erfüllt jedoch einen wichtigen Zweck, nämlich Landschaftspflege und dies auf die natürlichste Art und Weise, wie sie maschinell nicht durchgeführt werden könnte. Und das auch noch (fast) kostenlos! Durch die angewandte „Multispeziesbeweidung“, bei der die Weide ganzjährig und in einer relativ geringen Besatzdichte bewirtschaftet wird, können effektiv Lebensräume erhalten oder sogar erweitert und dadurch Tier- und Pflanzenarten gefördert werden, die in Hessen und darüber hinaus teilweise nur noch selten anzutreffen sind.

Ob dieses ambitionierte Ziel mit den örtlichen Gegebenheiten tatsächlich zu erreichen ist, war selbstverständlich nicht sofort bei Projektstart klar. Ein fortlaufendes Monitoring, also Begleituntersuchungen, die die aktuelle Situation mit dem Ausgangszustand vergleichen, war für die HGON auch immer eine feste Säule ihres Konzeptes im Naturschutzprojekt. Auch um eine objektive Sicht auf das Projekt zu bringen und ausschließlich zum Wohle der Projektziele zu handeln, bzw. das Weidemanagement zielführend zu betreiben. Keine leichte Aufgabe, wie sich bereits nach kurzer Projektdauer herausstellte. „Wir haben in den vergangenen vier Jahren viel dazugelernt und auch das ein oder andere Mal Lehrgeld bezahlt, wir sind auch stetig dabei das Weidemanagement immer weiter zu optimieren und sind selbst unsere größten Kritiker“, verdeutlicht Andreas Höfler, Betreuer und Initiator des Beweidungsprojektes.

Über die gesamte Vegetationsperiode im Jahr 2020 wurden nun diverse Tiergruppen durch die Planungsgesellschaft Natur und Umwelt (PGNU) aus Frankfurt a. M. gutachterlich erfasst und zum ersten Mal geprüft, ob die HGON ihre Hausaufgaben im Naturschutzprojekt erledigt hat und ihr Weidemanagement für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität funktioniert. „Diese Frage lässt sich nun eindeutig bejahen, wir sind extrem glücklich, wie sich das Gebiet entwickelt hat!“, so Höfler weiter.

Vor allem in der Ornithologie zeigen sich hessenweit bedeutsame, positive Entwicklungen für Vogelarten der Roten Liste mit ungünstigem Erhaltungszustand. Hierzu zählen unter anderem Kiebitz, Wendehals, Schilfrohrsänger und Rohrschwirl (alle in Hessen vom Aussterben bedroht). Der Rohschwirl hat seine Population seit Beweidungsbeginn gar verfünffacht (von einem auf fünf Brutpaare). „Das Vorkommen dieser Art stellt inzwischen das bedeutendste in Hessen dar und weitere nicht ganz so seltene, aber immer noch bedrohte Arten, wie Steinkauz, Trauerschnäpper, Wachtel, Blaukehlchen oder Neuntöter kommen mit Bestandsverbesserungen noch hinzu!“, betont der stellv. HGON Vorsitzende Dr. Ralf Sauerbrei. Der Biologe stellt auch heraus, dass es sich dabei um viele insektenfressende Vogelarten handelt, was den Schluss zulasse, dass auch Insektenarten von der Beweidung, also zum Beispiel vom Dung, profitieren müssen. Zu Zeiten des Insektensterbens sollte man diesen Sachverhalt nach seiner Auffassung auch besonders wertschätzen. Bei den sogenannten FFH-Arten, also nach EU-Recht geschützte Arten, beschreibt das Gutachten laut Dr. Sauerbrei, dass Amphibien, wie Laubfrosch, Kammmolch oder Springfrosch und auch andere Arten wie die Zauneidechse, sich trotz der Trockenheit der letzten Jahre immer noch in der Weide wohlfühlen.

Die HGON ist selbst erstaunt über die rasanten, positiven Entwicklungen innerhalb der Weide, da sich in anderen Projekten bestimmte Arten erst nach vielen Jahren deutlich positiv entwickelt haben. Ähnliche Tendenzen zeigten sich auch in den Ergebnissen des botanischen Monitorings aus dem Jahr 2019, dort waren bereits positive Bestandsentwicklungen bedrohter Pflanzenarten festgestellt worden. „Das zeugt von dem Potenzial, das wir hier im Gebiet haben und wir würden gerne im Sinne der hessischen Biodiversitätsstrategie und der bundesweiten Ziele die Vielfalt weiter fördern, sowie deren Erhalt sichern, was am besten funktioniert, wenn die Beweidung ausgeweitet würde,“ beschreibt Höfler abschließend.

Das Beweidungsprojekt erfreut sich in der Öffentlichkeit immer größerer Beliebtheit und wird von Erholungssuchenden oft bei Spaziergängen und Fahrradtouren besucht. Die immer im Frühjahr auf der Weide zur Welt kommenden Kälber sind dabei einer der Hingucker für Groß und Klein. Das Rindfleisch der jährlichen Schlachtungen ist binnen kürzester Zeit bei der örtlichen Metzgerei Weber ausverkauft und positive Leserbriefe von Besuchern des Gebietes werden abgedruckt. Insgesamt lässt sich das Projekt vor Ort also tatsächlich als sehr gut angenommen und etabliert betrachten. Auch die örtlichen Vertreter der verschiedenen Gemeinde- und Kreisgremien nehmen immer wieder an den Führungen der HGON teil, um sich zu informieren oder sich einfach an der belebten Natur zu erfreuen.

Wer die HGON und das Naturschutzprojekt unterstützen möchte, kann eine steuerlich absetzbare Spende an das Konto der VR Bank Rodenbach DE80 5066 3699 0000 0871 30 unter Angabe von Name und Adresse senden. Die HGON freut sich über jedes positive Feedback und Anregungen zu ihrer Arbeit auch über Facebook (HGON Main-Kinzig) oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Foto: Ein echter Hingucker: die Heck-Rinder bekommen und säugen ihre Kälber auf der Weide. (Foto: Karlheinz Bär)
Foto: Der Kiebitz hat seit Jahren der Abwesenheit wieder im Naturschutzgebiet gebrütet. (Foto: Jutta Förster)


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


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