Wilde Weiden: Ausflug in die neue Wildnis

Neuenhaßlau
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"Wilde Weiden - Ausflug in die neue Wildnis" - unter diesem Motto stand die Exkursion zum Beweidungsprojekt "Hässeler Weiher" am 05.09.2020.



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Eingeladen hatte die HGON Main-Kinzig, und etliche Interessierte hatten sich am vereinbarten Startpunkt eingefunden. Vom Bahnhof Niedermittlau ging es unter fachkundiger Führung von Andreas Höfler in Richtung Neuenhaßlau. Schon nach kurzer Zeit wurde der Zaun des Projektes erreicht. Bereits vorher wies Andreas Höfler darauf hin, dass die konventionelle Weidewirtschaft, so wie man sie landläufig kennt und als "normal" empfindet, große Unterschiede zum Beweidungsprojekt aufweist. Bei der üblichen konventionellen Form der Beweidung wird durch eine hohe Zahl an Weidetieren Parzelle für Parzelle einer Weidefläche abgegrast, was dazu führt, dass eine pflanzliche Artenvielfalt sich kaum etablieren kann. Entweder wird alles abgegrast oder niedergetreten. Auch bodenbrütende Vögel, oder Insekten, die auf bestimmte Pflanzen spezialisiert sind, haben hier so gut wie keine Chance. Beim Beweidungsprojekt dagegen wird darauf geachtet, dass es zu keiner Überweidung kommt. Dies bedeutet natürlich in der Konsequenz, dass nur eine relativ kleine Herde auf dem Gelände gehalten werden kann. Sehr eindrucksvoll schilderte Andreas Höfler den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wie sich die Artenvielfalt, sowohl was Vögel und Insekten, aber auch was die Pflanzenwelt angeht, auf dem kleinen Gelände zum positiven hin verbessert hat. Dies ist auf die Beweidungsform zurückzuführen und auf die Tatsache, dass darauf geachtet wird, den Nährstoffeintrag nur auf die Menge zu begrenzen, die dem Gebiet auch entnommen wird, d.h., es wird lediglich dadurch "gedüngt", dass die Heckrinder und Koniks ihr Futter nach der Verdauung auf natürlichem Weg als "Biodünger" hinterlassen. Auch haben Bodenbrüter auf den kurzgehaltenen Flächen durch gute Rundumsicht einen Schutz vor Fressfeinden und können auch die großen Grasfresser auf ein Gelege aufmerksam machen, falls sich ein Rind oder ein Pferd diesem nähert. Dadurch, dass es auch für die Weidetiere Ausweichmöglichkeiten gibt, werden so die Nester vor dem zertrampeln bewahrt.

Interessant war auch zu erfahren, dass aufgrund der Beweidungsform die Grenzen der verschiedenen Biotope fließend sind und z.B. Grasland, Weideland oder Gehölzbereiche nicht als scharf voneinander abgegrenzte Flächen existieren, sondern Übergangsbereiche entstanden sind. So können sich dort auch Arten aufhalten, die als "Grenzgänger" z.B. zwischen Wald- und Weideflächen existieren. Unterstützt wurde Andreas Höfler bei seiner Führung durch Michael Röth, der einiges zu den Vogel-Vorkommen sagen konnte, sowie durch Ingrid Engelbart, die am Ende der Exkursion anhand zweier Tierschädel den Unterschied zwischen Rindern und Pferden im Hinblick auf die Futteraufnahme erläuterte, und wie sich dieses Weideverhalten auf die Weideflächen auswirkt.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren beeindruckt von der Komplexität der Zusammenhänge zwischen natürlicher Landschaftspflege und -gestaltung, bei der die Heckrinder (rückgezüchtete Auerochsen) und Koniks (alte Pferderasse) das Naturschutzgebiet in einen Zustand versetzen, wie er nach der letzten Eiszeit auch auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands natürlich und normal war, sowie der Artenvielfalt und den Entwicklungsmöglichkeiten, die sich durch diese Beweidungsform sowohl der Tier als auch der Pflanzenwelt in wohl einmaliger Weise bietet. Auch der Hasselrother Bürgermeister Matthias Pfeifer sowie Vertreter der SWG und FDP zeigten sich beeindruckt von der Fülle der Informationen, von denen nur einige hier wiedergegeben werden können, und dem Zusammenspiel der verschiedenen Umweltfaktoren. Viele bekundeten spontan ihr Interesse, auch bei einer nächsten Führung durch das Beweidungsprojekt "Hässeler Weiher" wieder dabei sein zu wollen.

Foto: Anhand eines Pferde- und eines Rinderschädels erklärt Ingrid Engelbart das unterschiedliche Fraßverhalten der Tiere. (Foto: Michael Huber)

Foto: Die drei Koniks Inka, Nanni und Ophelia. (Foto: Michael Huber)


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