SPD: Strandbad Kinzigsee soll in städtischer Regie verbleiben

Langenselbold
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„Die letzten Wochen der Selbolder Politik waren sehr turbulent und aufregend“, so der SPD-Vorsitzende Bernd Kaltschnee zu Beginn seiner Stellungnahme zu aktuellen Diskussionen der Gewerbesteuerausfällen, dem dadurch notwendig gewordenen Beschluss des städtischen Nachtragshaushaltes und der damit verbundenen Steuererhöhungen und anderen Einsparungen sowie der daraus resultierenden öffentlichen Diskussion in der Bevölkerung.

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„Niemand erhöht gerne Steuern und Gebühren oder sorgt für die Abschaffung lieb gewordener Leistungen“, so der Kommunalpolitiker weiter, „aber in Anbetracht des plötzlichen und überraschenden Wegbrechens von mehr als 20 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen mussten die Haushaltszahlen korrigiert werden, um den städtischen Haushalt wieder auszugleichen, keine weiteren Schulden anzuhäufen und nicht gegen Vorgaben des Rettungsschirmes zu verstoßen. Die Ursache hierfür war keinesfalls hausgemacht oder vorherzusehen, wie inzwischen zu lesen ist, sondern einzig und allein beim größten Gewerbesteuerzahler, einem amerikanischen, börsennotierten Konzern, zu suchen, der durch unternehmerische Entscheidungen die Gewinne vom Standort Langenselbold weg hin zu anderen, wahrscheinlich steuerlich günstigeren Konzernniederlassungen transferierte und so rückwirkend für die letzten drei Jahre für das finanzielle Desaster sorgte. Solange solche Verfahrensweisen durch bundesdeutsche oder europäische Gesetze gedeckt werden, muss sich hier dringend etwas ändern,“ so Kaltschnee weiter.

Die Konsequenzen dieser einzelnen Unternehmensentscheidung müssen nun alle Bürgerinnen und Bürger in Langenselbold schmerzlich tragen, indem u.a. die Steuersätze in einem bisher nicht gekannten Ausmaß erhöht werden mussten. Bestraft wird die Kommune Langenselbold doppelt, denn wir dürfen nicht nur die erhaltenen Gewerbesteuerzahlungen der Jahre 2015 bis 2017 zurückzahlen und in Zukunft mit entsprechenden Mindererträgen aus der Gewerbesteuer rechnen, sondern müssen darüber hinaus für real nicht erhaltenes Geld noch Abgaben, wie die Kreis- und Schulumlage oder die Abundanzumlage an das Land Hessen zahlen. Offiziell galt Langenselbold als finanzstarke und somit reiche Kommune, was wir de facto – wie wir nun schmerzlich wissen, in dem Zeitraum nie waren. Dagegen zu protestieren wäre nicht nur sinnvoll, sondern würde der Kommune Langenselbold tatsächlich etwas bringen.

Dass die Haushaltslage der Stadt Langenselbold trotz der getroffenen Sparmaßnahmen und Anhebung der Steuersätze immer noch sehr angespannt ist, weiß inzwischen jede/r in unserer Gründaustadt. Alle Einnahmen- wie Ausgabenpositionen müssen natürlich auf den Prüfstand, und es darf keine Tabus geben. Die große Koalition konnte nach langer interner wie öffentlicher Diskussion ein Paket schnüren, das zumindest für die nächsten Jahre einen verlässlichen Grundstein für eine solide Finanzpolitik darstellen kann. Daran sieht sich die örtliche SPD auch gebunden. Gerade schmerzliche Einschnitte in sozialen, meist freiwilligen Leistungen konnten so verhindert werden. Natürlich wurde und wird auch über die Zukunft des Strandbads in städtischer Regie gesprochen. Nicht zuletzt, weil just dieses Thema im Rahmen des Kommunalwahlkampfes eine zentrale und strittige Rolle spielte. Natürlich fragen sich auch viele Bürgerinnen und Bürger durchaus berechtigt, brauchen wir einerseits das Strandbad und andererseits das Freibad und beides in städtischer Regie? Wäre es dann nicht in Anbetracht angespannter öffentlicher Haushaltslage sinnvoll, sich von einem von beiden zu trennen? Wenn es rein nach Zahlen ginge, also dem Zuschussbedarf der Einrichtung aus dem städtischen Haushalt, müsste eindeutig über die Zukunft des Freibads diskutiert werden. Hier sind die Zahlen im Vergleich zum Strandbad deutlich ungünstiger. Die örtlichen Sozialdemokraten sprechen sich nach intensiver Prüfung dieser Bilanz dennoch für den Verbleib beider Einrichtungen in städtischer Regie aus. Beide gehören zur sozialen wie infrastrukturellen Ausstattung in unserer Stadt und fördern die Lebensqualität in unserem Gemeinwesen.

Dennoch sollten wir alles tun, um den Zuschussbedarf aller defizitären öffentlichen Einrichtungen so gering wie möglich zu halten bzw. zu kompensieren. Daher haben wir uns im Koalitionsvertrag mit der CDU verpflichtet, das Haushaltsdefizit zu reduzieren. In einem gemeinsamen Antrag der großen Koalition wurde übereinstimmend mit allen im Parlament vertretenen Parteien beschlossen, eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zu bilden, die sich die Attraktivitätssteigerung des Strandbads zum Ziel gesetzt hat. In dieser Arbeitsgruppe wurden viele Ideen und Vorschläge ins Spiel gebracht, einige davon sogar schon umgesetzt. „Gerade in dieser Arbeitsgruppe waren diejenigen integriert, die jetzt als Vertreter der Parlamentsfraktionen die Verpachtung fordern“, so der SPD-Vorsitzende verwundert. „Wir sollten die positiven Effekte der Umsetzung weiterer Ideen abwarten und gemeinsam dafür sorgen, dass die Besucherzahlen des Strandbads weiterhin zunehmen und das Defizit so gering wie möglich gehalten wird“.

Zudem sei es ratsam, die in der öffentlichen Diskussion genannten Zahlen zum Strandbad genauer zu betrachten. Die Bürgerinitiative spricht von jährlichen Defiziten beim Strandbad von knapp 200.000 € und mehr sowie von möglichen Pachteinnahmen in Höhe von 60.000 €. In den vergangenen 7 Jahren lag der städtische Zuschussbedarf für das Strandbad im Schnitt bei ca. 60.000 € und nie höher als 120.000 €, also in ganz anderen Dimensionen. Wie hoch zudem die möglichen Pachteinnahmen tatsächlich sein könnten, lasse sich nur spekulieren. Gerade wenn die Eintrittspreise für Langenselbolder Bürger gleich bleiben, aber gleichzeitig noch umfangreiche Investitionen erfolgen sollen und zudem noch ein hoher Pachtzins bezahlt werden muss, ist diese Gleichung zu hinterfragen. Investitionen in die bauliche Infrastruktur bedeuten zudem lange Abschreibungsfristen, was natürlich für eine lange Laufzeit des Pachtvertrages sprechen würde. Somit käme auf den Zeitraum bezogen ein langfristiger Pachtvertrag in der Praxis einem Kaufvertrag gleich. Gleichzeitig wird eine ganzjährige Nutzung in Betracht gezogen. In früheren Gesprächen war schon an die Installierung einer Wasserski- oder Wakeboardanlage gedacht, die den Charakter des Strandbadgeländes als Naherholungs- und Freizeitgebiet gerade für die Langenselbolder in Frage stellen würde. Der Angelsportverein nutzt den Kinzigsee als Vereinsgelände.

Es gibt also durchaus gute Gründe, sich auch gegen eine Verpachtung auszusprechen. „So zu tun, wie die Junge Union in der jüngsten Pressemitteilung, dass der Zuschuss zum Strandbad ursächlich für die neuen Rekordsteuersätze gesorgt hätte, ist schlichtweg falsch und der Sache nicht dienlich. Vielmehr sollten wir gemeinsam, und selbstverständlich im politischen Diskurs, um die bestmögliche Lösung ringen. Wenn es wirklich zum Bürgerbegehren kommen sollte, und die erste Hürde scheint genommen, werden wir klar und deutlich Position beziehen, dafür sind wir schließlich gerade bei der letzten Kommunalwahl 2016 deutlich belohnt worden“, so Bernd Kaltschnee.

„Was nicht sein kann und wenig zur politischen Glaubwürdigkeit beiträgt, ist die Tatsache, dass der CDU-Stadtverordnete Patrick Heck im Rahmen der Beschlussfassung des Nachtragshaushalts 2018 die Anhebung der Steuersätze auf Rekordhöhe mit beschließt und nun mit der BI gegen seine eigenen Entscheidungen öffentlich Position bezieht. Als ehemaliger CDU–Stadtverbandsvorsitzender hat er zudem 2016 den Koalitionsvertrag unterzeichnet, in dem explizit die Verpachtung des Kinzigsees ausgeschlossen wird. Soweit zur Glaubwürdigkeit und Standfestigkeit dieses exponierten politischen Vertreters der CDU“, merkt der SPD-Vorsitzende abschließend an.


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