Leiterin der Gedenkstätte „Trutzhain“ berichtet in Wachenbuchen

Wachenbuchen
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Bis auf den letzten Platz war der Gemeindesaal in Wachenbuchen besetzt, als Karin Brandes, Leiterin der nordhessischen Gedenkstätte „Trutzhain“ über den Einsatz von Kriegsgefangenen des 2. Weltkriegs in Hessen berichtete.



Die Veranstaltung war vom Verein Brüder-Schönfeld-Forum e.V. bereits für 2020 mit Schülerinnen und Schülern der Albert-Einstein-Schule vorbereitet worden, musste dann aber wegen der Pandemie kurzfristig entfallen.

Hinter dem Ortsnamen „Trutzhain“ verbirgt sich ein 1939 im nordhessischen Ziegenhain errichtetes „Stammlager“ für Kriegsgefangene. Bereits kurz nach dem Überfall auf Polen kamen die ersten polnischen Soldaten ins Deutsche Reich. Ein Teil gelangte ins „Stalag IX A“ von Ziegenhain, von wo die Gefangenen auf die Einsatzorte verteilt wurden. So kamen schon im Dezember 1939 die ersten Polen im Landkreis Hanau an, 13 von ihnen in Wachenbuchen. Hier ersetzten sie in der Landwirtschaft, in Handwerksbetrieben und bei der Gemeinde die zum Kriegsdienst eingezogenen Männer.

Bei den Kriegsgefangenen war der Einsatz auf dem Lande mit der Hoffnung verbunden, dort nicht Hunger leiden zu müssen. Doch anders als zivile Zwangsarbeiter durften die Kriegsgefangenen nicht in den privaten Haushalten wohnen. In Wachenbuchen waren sie in einer Sammelunterkunft, einem leerstehenden Betriebsgebäude, untergebracht, wo sich anfangs 46 Gefangene unter ständiger Bewachung einen Raum von nur 95m² teilen mussten.

Karin Brandes von der Gedenkstätte „Trutzhain“ verwies in ihrem Vortrag auf die sehr unterschiedliche Behandlung der Kriegsgefangenen nach ihrer Herkunft. So seien Franzosen weitgehend nach den völkerrechtlichen Bestimmungen behandelt worden, nicht aber Gefangene aus Osteuropa. Man habe dem Internationalen Roten Kreuz in Ziegenhain wohlweislich den Zugang zum sogenannten „Russenlager“ verwehrt. Eine unmenschliche Behandlung von Russen, Ukrainern und Weißrussen ist auch vom später errichteten Lager „Stalag IX B Wegscheide“ in Bad Orb verbürgt.

Der Hochstädter Peter Heckert hat die im Stadtarchiv vorhandene Akten zu den damaligen Kriegsgefangenen und zivilen Zwangsarbeitern akribisch ausgewertet. Daraus ergibt sich, dass es in Wachenbuchen rund 50 Einsatzstellen von Zwangsarbeitern gegeben hat. Auch einige Frauen haben Zwangsarbeit leisten müssen.

Wie der Verein Brüder-Schönfeld-Forum ergänzend mitteilt, können Interessierte am 17. Juni an einer Busfahrt nach Stadtallendorf teilnehmen, wo einst Tausende von Zwangsarbeitern in der Sprengstoffindustrie eingesetzt waren. Die Fahrt kostet 15,- €.

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