„Europas Verantwortung in der Welt – vom freien zum fairen Handel“

Schlüchtern
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Thomas Otto Schneider, der Vorsitzende der Europa-Union, Kreisverband Schlüchtern-Gelnhausen, freute sich, am Nikolaustag nicht nur Dr. Sascha Raabe, den SPD-Bundestagsabgeordneten und früheren Sprecher seiner Fraktion für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, als Gastredner in der Gaststätte „Zum Eckebäcker“ in Schlüchtern zu begrüßen, sondern auch mehr als ein Dutzend interessierter Zuhörer, die trotz Konkurrenzveranstaltungen gekommen waren.



Das Thema des Vortrages war anspruchsvoll formuliert und zielte über die aktuelle Tagespolitik hinaus auf Grundsätzliches: „Europas Verantwortung in der Welt – vom freien zum fairen Handel“.

Die Rede, dass die Welt von heute ein globales Dorf sei, mag mittlerweile bereits ein Klischee sein, bringt aber die komplexe Wirklichkeit, in der die Menschen von heute leben, arbeiten, Freizeit genießen, Urlaub machen, reisen, Handel treiben, aber auch Kriege führen und vor Not und Elend fliehen, auf den Nenner. Das vernetzte Denken stellt sich dieser intellektuellen Herausforderung, die Phänomene nicht mehr isoliert, sondern in ihren großen Zusammenhängen zu betrachten. Als ein solcher überdies politisch engagierter Denker stellte Schneider den studierten Politologen vor und gab der Hoffnung Ausdruck, die aktuellen Weltprobleme von ihm analysiert und diskutiert zu sehen. Raabe unternehme es schon lange, wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich auf die wirtschaftliche Entwicklung der Länder bezögen, in die Tagespolitik zu tragen.

In seinen Ausführungen legte Raabe in einer Dreiviertelstunde und in der anschließenden Diskussion dar, was ihm auch im Hinblick auf die bevorstehende Europa-Wahl im nächsten Jahr wichtig sei. Europa, das große Friedensprojekt, stehe vor großen Herausforderungen, aber auch vor Gefahren. Brexit, Nationalismen und Digitalisierung seien hierfür die Schlagwörter. Es gehe Raabe unter dem Gesichtspunkt der globalen wirtschaftlichen und politischen Vernetzung der einzelnen Länder darum, dass nicht nur frei, sondern auch gerecht Handel getrieben werde. Die Europäische Union, nämlich vornehmlich Kommission und Rat, sei für die Handelspolitik zuständig, auch wenn die Mitgliedstaaten gerade nach dem sogenannten Singapur-Urteil des Europäischen Gerichtshofes jedoch ein Mitspracherecht hätten: Das Europäische Parlament könne zu den Handelsverträgen nur Ja oder Nein sagen. Deshalb fordere er eine Stärkung dieses Parlamentes, um es ihm zu ermöglichen, Einfluss auf Verfahrensfragen in diesen Angelegenheiten zu nehmen.

Raabe stellte die Frage: „Was ist unter einem fairen Handel zu verstehen?“ Europa sei ein wichtiger Wirtschaftsblock mit noch 28 Mitgliedstaaten, die mit den Märkten in Amerika, Afrika und Asien verbunden seien. Raabe, der vor allem die afrikanischen Verhältnisse durch eigene Anschauung gut kenne – auf den Straßen sehe man dort überwiegend junge Leute –, erklärte, dass ein fairer Handel darauf abzielen müsse, dass die Menschen überall würdig leben könnten. Durch Handelsverträge dürfe die Wirtschaft im eigenen, aber auch im fremden Land nicht kaputt gemacht werden. Wenn dies geschehe, produziere man Flüchtlinge, die keine Perspektive mehr vor Ort sähen. Es sei nicht in unserem Interesse, die Landwirtschaft der armen Länder durch Exportgüter zu ruinieren und Arbeitslosigkeit heraufzubeschwören. Was kostet die Banane? Wer pflückt sie? Wer transportiert sie nach Europa? Wer macht den Hauptgewinn dabei? Welche Waren liefern wir dorthin? Wenn die Kaufkraft vor Ort durch gerechte Löhne gestärkt werde, hätten wir auch den wirtschaftlichen und sozialen Nutzen. Ausgleichszahlungen der reichen an die armen Länder seien ebenfalls bedeutsam. Oft seien Produktionsprozesse nicht mehr abhängig von den Standorten. Der wirtschaftliche Druck auf den deutschen und europäischen Markt sei immens. Deshalb fordere er, dass es unabdingbar sei, auch bei Handelsverträgen darauf zu achten, dass anerkannte Standards, Regeln und Menschenrechte, aber auch Umweltvorschriften oder die Zulassung von Gewerkschaften und der Schutz der Minderheiten zu berücksichtigen seien. Im Gespräch mit Firmen höre er oft, dass es genüge, was sie selbst freiwillig auf diesem Gebiet unternähmen. Aber die Erfahrung habe gelehrt, dass gesetzliche Verpflichtungen auf beiden Seiten zu einem besseren, weil gerechten Wettbewerb führe.

Raabe machte darauf aufmerksam, dass man gerade dabei sei, die Welt durch internationale Handelsabkommen neu aufzuteilen. Dieser Prozess dauere nur noch drei Jahre. Bekannt sei die Diskussion um das transatlantische Freihandelsabkommen unter der Abkürzung TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Nur eine gerechte Handels- und Entwicklungspolitik, die die Zivilgesellschaft stärke, verhindere folgenschwere Konflikte mit Flüchtlingsströmen. Dies sei für Europa, dies sei für Deutschland entscheidend.


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