Mit dem Rathaus-Turm zum Mond

Bürgermeister Matthias Möller (parteilos) schnitt die Torte mit dem Zuckergussbild vom Start der Rathaus-Rakete an. Foto: Stadt Schlüchtern

Schlüchtern
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Wenn man ihn genau anschaut, kann man darauf kommen, wofür er eigentlich „gedacht“ ist, der Turm des alten Schlüchterner Rathauses: Als Rakete für den Flug zum Mond.

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Das ideale Transportgefährt also für die beiden Künstlerinnen Lena Skrabs und Paloma Sanchez-Palencia. Vor einem Jahr waren sie mit normalen Verkehrsmitteln von Berlin aus nach Schlüchtern „eingeflogen“. Mit ihrem „Fliegenden Künstlerzimmer“ in Form eines Containers waren sie im Schulhof der Stadtschule gelandet, um hier zwei Jahre mit den Schülerinnen und Schülern auf künstlerischen Pfaden zu wandeln. Jetzt zur Halbzeit ihres Wirkens erinnerten sie an ihre eigentliche Mission: den Mond vom Müll befreien.

Im Rahmen eines Sommerfestes präsentierten sie ihre Lösung des Problems: aus Kartonagen hatten sie eine gut vier Meter hohe Nachbildung des Rathaus-Turmes hergestellt. Ein Bastelbogen vom alten Rathaus diente ihnen von den Größenverhältnissen her als Vorlage. Doch vor dem Flug zu dem Erdtrabanten war zunächst die Genehmigung von Bürgermeister Matthias Möller (parteilos) nötig.

Es habe ihn viele Nerven und einiges an Verhandlungsgeschick gekostet, den Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung davon zu überzeugen, dass der Rathausturm nun für höhere Aufgaben bestimmt ist, scherzte das Stadtoberhaupt. Und nur aufgrund der ohnehin vielen Baustellen und Modernisierungsmaßnahmen in der Stadt habe man ihm das Mandat dafür erteilt, den Turm für exakt 12 Tage, 36 Stunden, 45 Minuten und 23 Sekunden an die beiden Künstlerinnen auszuleihen. Danach beginne sein Urlaub und wenn der Turm bis dahin nicht wieder zurück ist, brauche er gar nicht erst ins Rathaus zurückkehren und werde vermutlich von der Bevölkerung nicht nur in die Wüste gejagt, sondern eigenhändig zum Mond geschossen.

Er sei sehr stolz, dass sich die Blicke der gesamten Weltöffentlichkeit an diesem Abend auf das beschauliche Schlüchtern richteten und die Kleinstadt Vorreiterin für ein Unterfangen sei, das weltweit seinesgleichen suche. „Es sind kleine Worte für einen Bürgermeister, aber große Worte für die Menschheit, die ich nun sprechen darf: Hiermit leihe ich den Künstlerinnen den Rathausturm für ihre außergewöhnliche Mondmission aus“, verkündete Möller stolz.

Natürlich startete der Papp-Turm anschließend nicht wirklich ins All. Aber die Gäste konnten ihn von innen und außen genauer in Augenschein nehmen und Fotos machen. Auf dem Schulhof waren passend zum galaktischen Thema drei Kuppeldome aufgebaut. Dort konnten Schüler, Eltern und Lehrer Videos betrachten oder einer Radioshow lauschen, die Kinder der Klassen 5 und 6 gemeinsam mit den Künstlerinnen produziert hatten. In einer weiteren Kuppel wurden Zuckerwatte und Popcorn verkauft. Für besonders mutige Festbesucher war ein „Aerotrim“ aufgebaut. In dem Gestell konnte man auch den Erdboden verlassen und die Schwerelosigkeit erleben. Bei einem Meteoriten-Battle wurden steinförmige Mobile ferngesteuert aufeinander losgelassen. Das Künstlerzimmer selbst hatte sich mit weißen Luftballons in riesigen Vakuumfeldern in eine Mondlandschaft verwandeln, auf der man den echten „Moonwalk“ einüben konnte.

Im Schulgarten wurden Würstchen und Sandwiches verkauft. Und auch erfrischendes Eis war im Angebot. Als ein weiterer Höhepunkt schnitt der Bürgermeister mit den beiden Künstlerinnen eine etwa einen Quadratmeter große Torte an. Auf der Oberseite war auf einem Zuckergussbild dargestellt, wie der Start der Rathaus-Rakete aussehen könnte. Natürlich darf an der musikalischen Stadtschule bei solch einem Fest ein ansprechendes Musikprogramm nicht fehlen. Dafür sorgten an diesem Abend die „Young Band“ unter Leitung von Lukas Bachmann sowie die Concertband mit Steffen Reus. „Das Künstlerzimmer ist eine große Bereicherung für unsere Schule“, zeigte sich Schulleiter Andreas Leibold euphorisch. Er würdigte die Unterstützer des Projekts unter der Koordination von Lehrer Lukas Bachmann, den er als „Reiseleiter zum Mond“ vorstellte. Rund 500 Gäste genossen an diesem Abend das galaktische Ambiente im Innenhof der Stadtschule Schlüchtern.

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Bürgermeister Matthias Möller (parteilos) schnitt die Torte mit dem Zuckergussbild vom Start der Rathaus-Rakete an. Foto: Stadt Schlüchtern


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