Nach Urteil: 41-Jähriger rennt in Gelnhausen wütend aus Gerichtssaal

Schlüchtern
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Eigentlich ging es nur um einen Schadensbetrag von lediglich 13,12 Euro. Doch bis der Verantwortliche dafür verurteilt werden konnte, hatte die Justiz mächtig Arbeit – und auch die Polizei, die als „Taxi-Fahrer“ fungierte. Bereits zum vierten Mal hatte Richter Wolfgang Ott vor dem Amtsgericht Gelnhausen das Verfahren gegen einen Schlüchterner terminiert, dem Tankbetrug und Fahren ohne Fahrerlaubnis vorgeworfen wurde. Anfangs waren keine Zeugen geladen.

Anzeige


Die wurden aber nötig, weil der 41-Jährige die Vorwürfe bestritt. Dann kamen diese trotz Vorladung nicht zu Gericht. Nun im vierten Anlauf wollte der Vorsitzende endlich Nägel mit Köpfen machen, was sich erneut als äußerst schwierig erwies.

Die Staatsanwaltschaft Hanau warf dem Schlüchterner vor, am Vormittag des 19. Januars dieses Jahres an einer Tankstelle in der Region seinen Wagen betankt zu haben. Mit einer relativ kleinen Menge von sieben Litern für einen Betrag von 13,12 Euro. Als es dann ans Bezahlen ging, konnte er die Schuld nicht begleichen. Er versprach der Kassiererin, den offenen Betrag in Kürze zu übergeben und unterschrieb über diesen ein Schuldanerkenntnis. Doch bis heute blieb er die Zahlung schuldig. Mehr noch: Nachdem der Sachverhalt bei den Behörden zur Anzeige gebracht wurde, stellte sich heraus, dass der 41-Jährige nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, woraufhin die Anklage um diesen Punkt erweitert wurde.

Zum aktuell angesetzten Termin erschien nun wenigstens erstmals der Pächter der Tankstelle als Zeuge. Seine Mitarbeiterin, die bereits zweimal gefehlt hatte, wurde von einer Streife der Polizei Schlüchtern zwangsweise vorgeführt. Doch nun fehlte der Angeklagte sowie dessen Frau, die ebenfalls als Zeugin geladen war zu einem früheren Termin aber erschienen war. Also schickte Richter Ott die beiden Beamten umgehend wieder zurück nach Schlüchtern, um das Paar zu Hause abzuholen.

Doch schon bald kam die Rückmeldung aus dem Bergwinkel: niemand angetroffen. Also entließ der Vorsitzende die Zeugen, weil er ohne den Angeklagten nicht verhandeln konnte. Doch kurz darauf kam die Nachricht der Polizei Schlüchtern. Die Streife war sehr eifrig und hatte das Ehepaar an einem anderen Ort in der Bergwinkelstadt aufgestöbert und in den Peterwagen gesetzt. Im letzten Moment konnten die beiden Zeugen aus der Tankstelle noch im Gerichtsgebäude abgefangen werden, so dass dann mit dreistündiger Verspätung endlich die Verhandlung beginnen konnte.

Der Angeklagte blieb bei seiner Version. Seine Frau habe am Steuer des Wagens gesessen, was diese auch im Zeugenstand bestätigte. Und er habe eigentlich die Rechnung begleichen wollen, aber seinen Geldbeutel vergessen gehabt. Den offenen Betrag habe er in den Folgetagen bezahlen wollen, musste aber nach dem Vorfall unerwartet ins Krankenhaus. Dem stand die Aussage der 38-jährigen Tankstellen-Mitarbeiterin gegenüber, die den Angeklagten eindeutig als Fahrer des Wagens identifizierte. Sonst habe niemand im Auto gesessen.

In Anbetracht dieser Aussage wurde der Angeklagte zusehends unruhiger. „Ich hab´ so ne Krawatte“, gestikulierte er herum und wenn man ihn einbuchte, sei es ihm auch egal. Ganz so schlimm kam es dann nicht, aber Richter Ott verhängte gemäß der Forderung der Staatsanwaltschaft eine siebenmonatige Freiheitsstrafe, die auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Dabei berücksichtigte er auch die 14 Eintragungen des Familienvaters in seiner Strafakte, worunter sich einschlägige Vorverurteilungen befanden. Als der Vorsitzende das Urteil näher begründen wollte, riss bei dem 41-Jährigen endgültig der Geduldsfaden. „Ich habe keinen Bock mehr“, pöbelte er herum, packte seine Jacke und eilte wütend aus dem Gerichtssaal. / hd


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de