Ein bisher unbekanntes Dokument aus der Kindheit des Sprachforschers und Märchensammlers Wilhelm Grimm (1786 – 1859) ist seit einiger Zeit im Museum Brüder Grimm-Haus in Steinau an der Straße zu sehen und ergänzt in wunderbarer Weise die Sammlung.
Es handelt sich um ein Albumblatt, das der gerade elf Jahre alte Wilhelm Grimm verfasst hat. Im Jahr 1796 hat er es für das Stammbuch des fünf Jahre älteren Steinauers Johann Nicolaus Buß, einem Jugendfreund der Brüder Grimm, angefertigt. Buß wurde am 14. Februar 1781 geboren und verstarb am 14. März 1807 als Stadtlieutnant und Rentereiscribant (so wird es rückseitig auf einem beiliegenden historischen Foto das nach einem gemalten Portrait von Buß entstanden ist, angegeben) in Steinau an der Straße. Das Albumblatt wurde bis jetzt von den Nachfahren von Johann Nicolaus Buß über Generationen weitergegeben und wurde jetzt dem Brüder Grimm-Haus zu Ausstellungszwecken zur Verfügung gestellt. Das komplette Stammbuch hat sich leider nicht erhalten. Das Blatt (es hat die Maße 17 x 10 cm, die Rückseite ist nicht beschrieben) trägt folgende Inschrift:
Recht reden, recht denken und recht thun, christum erkennen gottes sohn, und wissen, wer derselbe ist in dem all tugend begrif fen ist
Steinau am 2. Mai 1796
Wilhelm Grimm Die Werte und Einstellungen der Grimm-Kinder waren durch eine strenge calvinistisch-religiöse Tradition der Familie bestimmt. Waren doch der Urgroßvater Friedrich Grimm der Ältere (1672 - 1748) und auch der Großvater Friedrich Grimm der Jüngere (1707 - 1777) reformierte Geistliche. Das macht sich natürlich in dem Spruch deutlich bemerkbar, den Wilhelm Grimm seinem Jugendfreund widmet. Mit dem Blatt hat sich ein rares Dokument aus der Kindheit der Brüder Grimm erhalten, das inhaltlich deutlich macht, wie die religiöse Erziehung des späten 18. Jahrhunderts in allen Teilen des Lebens eine Rolle spielte.