Kunstgeschichte als das kulturelle Gedächtnis unserer Gesellschaft

Wächtersbach
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Was haben der Gartensaal der Rentkammer in Wächtersbach und der Speyrer Dom gemeinsam? Mit dieser und weiteren überraschenden Fragen beschäftigte sich am 4. Januar der Stammtisch mit "Charakterköpfen", zu dem der Altstadtförderverein in den Gartensaal geladen hatte.

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Referent war Pascal Heß, der jüngst auch durch seine baugeschichtliche Aufarbeitung des Schlosses einem breiteren Publikum bekannt wurde.

Pascal Heß ist als Kunsthistoriker selbstständig tätig. Der Weg in seinen Beruf, der für ihn Berufung wurde, war nicht gerade. Nach der Tätigkeit als Altenpfleger gelangte er über ein Architekturstudium zum Studium der Kunstgeschichte. Der Übergang vom Studium zum Beruf war fließend, die Arbeit kam auf ihn zu. Zu den ersten Aufträgen gehörte etwa das Kuratieren einer Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst oder das Entwerfen von Texten für eine App des Städels. Heute ist er hauptsächlich im gesamten Rhein-Main-Gebiet tätig.

Hinzukommt vermehrt die ehrenamtliche Arbeit im mittleren Kinzigtal, das er als bekennender Obersotzbacher als seine Heimat begreift. Im Rahmen des Vereins Industriekultur Steingut setzt er sich dafür ein, unserer Region ihre kulturelle Identität zurückzugeben. Die über 180 Jahre bestehende Keramikfabrik hat nämlich die hier lebenden Menschen stark geprägt, ohne dass sie sich dessen immer bewusst sind. Heß glaubt, Geschichte prägt die Gegenwart. Nur wenn man weiß, wo man herkommt, kann man auch die Zukunft gestalten. Ziel der Initiative ist die Gestaltung eines Museums bzw. einer sich ergänzenden Museumslandschaft für Waechtersbacher Keramik. Ein Teil dieser Museumslandschaft wird die Ausstellung im Schloss sein, die Herr Heß kuratiert und deren Konzept bereits in großen Teilen steht. Zur Abrundung der Ausstellung fehlen nur noch wenige Details wie zum Beispiel ein Wandteller mit dem Wächtersbacher Schloss-Motiv, von dem zwar ein Schiebebild existiert, welcher aber bisher leider noch nicht gefunden wurde.

Hess erzählte, dass es die Kunstgeschichte als eigenständige Wissenschaft seit etwa 150 Jahren gibt. Kunsthistoriker können sich auf den Kunstmarkt, auf die Forschung und auf die Wissensvermittlung spezialisieren. Pascal Heß liegt die Forschung und ganz besonders die Wissensvermittlung am Herzen. Wichtig ist ihm, Kunst nicht als lokale Angelegenheit zu begreifen, sondern in einen überregionalen Kontext einzubetten. Das ist auch ein wichtiges Anliegen des Altstadtfördervereins.

Damit schließt sich der Kreis zur Eingangsfrage: Mächtige und Einflussreiche, die sich ihrer Macht nicht mehr sicher sein konnten, schufen in der Geschichte immer wieder bedeutende Kunstwerke. So ist in Speyer der Dom entstanden als Zeichen kaiserlicher Macht gegen päpstliche Ansprüche. So sind in Wächtersbach die Gemälde im Gartensaal entstanden, als die fürstliche Familie 1935 ihren Einfluss schwinden sah. Die Gemälde selbst geben vor, 100 Jahre älter zu sein und aus der Zeit des Biedermeier zu stammen. Sie stellen idealisierte Ansichten dar. So besann sich der Maler auf alte Zeiten zurück, die 1935 nicht mehr bestanden.


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