Informationsaustausch zu Klimawandel und Wald

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Die Klimaveränderung hat den Wald gerade in diesem Jahr hart getroffen.



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Auch wenn die Folgen im Main-Kinzig-Kreis nach Einschätzung von Fachleuten noch vergleichsweise moderat ausgefallen sind, so gibt es auch hier einen erhöhten Handlungsdruck. Vor diesem Hintergrund hat die Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler zahlreiche Betroffene und Beteiligte rund um das Thema zu einem Informationsaustausch in das Bürgerhaus Wächtersbach eingeladen.

Angesprochen waren private, kommunale und staatliche Waldbesitzer aus dem Main-Kinzig-Kreis sowie regionale Umweltverbände. „Angesichts der dramatischen Situation müssen wir vor Ort zusammenrücken, um die Situation gemeinsam zu bewältigen“, sagte die Umweltdezernentin in ihrer Begrüßung. Dazu seien zunächst eine sorgfältige Bestandsaufnahmen und eine sachliche Analyse erforderlich. Diese Grundlagen lieferten die von der Unteren Naturschutzbehörde eingeladenen Experten, wie der Leiter der Agrarmeteorologie beim Deutschen Wetterdienst, Dr. Udo Busch.

Mit klaren Fakten und übersichtlichen Grafiken zeigte er den deutlichen Temperaturanstieg insbesondere während der Sommermonate bei gleichzeitig sinkenden Niederschlägen in den vergangenen Jahren. Diese Situation werde sich voraussichtlich in unseren Breitengraden stabilisieren. Um für solche Prognosen zum Klimawandel eine verlässliche Grundlage zu haben, würden rund 20 verschiedene wissenschaftliche Rechenmodelle ausgewertet. Ermittelt wurde auf diese Weise ein voraussichtlicher Anstieg der Durchschnittstemperatur bis 2030 von ein bis vier Grad – sofern die angekündigten Schutzmaßnahmen greifen.

Insbesondere die vergangenen beiden Sommerperioden hätten in Deutschland zahlreiche Höchstwerte hervorgebracht. So war 2018 das insgesamt wärmste Jahr seit der Wetteraufzeichnung und im vergangenen Juli wurde mit 42,6 Grad ein neuer Hitzerekord erreicht. In Verbindung mit langen Trockenperioden kommt es zu einem erheblichen Defizit in der Wasserbilanz, wie Dr. Uwe Paar von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt erläuterte. Vor allem in diesem Sommer kam es in der Folge zu dramatischen Auswirkungen insbesondere in den Fichtenbeständen. Die „Absterberate“ lag mit 6,7 Prozent deutlich über dem bisherigen Höchstwert von 2 Prozent.

Die Situation für die Eichenbestände insbesondere im Rhein-Main-Gebiert habe sich ebenfalls weiter verschlechtert, berichtete der Forstdirektor. Die Buche, der häufigste Laubbaum in deutschen Wäldern, ist noch „weitgehend unauffällig“. Doch sollten die Niederschläge bis zur kommenden Wachstumsperiode nicht ausreichen, werde es auch hier spürbare Verluste geben, verweist der Experte auf Erfahrungen aus anderen vergleichbaren Regionen. In seinem kurzen Referat verwies Uwe Paar zudem auf die dramatische Vermehrung des Borkenkäfers, die über die geschädigten Bäume herfallen. Neben den witterungsbedingten Verlusten bedeuten die Schädlinge eine weitere enorme Herausforderung für die Waldbesitzer. Zudem ist der Holzmarkt quasi zusammengebrochen, wie Christian Raupach, Geschäftsführer des Hessischen Waldbesitzerverbandes, in seinem Vortrag berichtete. Die Situation sei in vielen Fällen existenzgefährdend, denn die wirtschaftlichen Einbußen seien über Jahre nicht auszugleichen.

Die finanzielle Unterstützung durch das Land sei zwar ein gutes Signal und eine große Hilfe, doch werden die bis 2023 bewilligten 200 Millionen Euro nicht ausreichen, rechnete Raupach vor. Die aktuelle Schadensbilanz liegt nach seiner Einschätzung bei über 500 Millionen Euro. Zudem fehle es an Arbeitskräften und geeigneten Jungpflanzen, um die rund 30.000 Hektar Kahlflächen auch wieder aufzuforsten, wie der Fortexperte ergänzte. Hier knüpfte der Waldökologe Dr. Simon Thorn an mit seinem Appel für die Naturverjüngung. „Aufräumen und Aufforsten“ ist aus seiner Sicht nicht die richtige Strategie, denn die ausgedehnten, gleichmäßigen Waldbestände seien für die Auswirkungen des Klimawandels weiterhin besonders anfällig.  Deutschland solle darum seine strategischen und finanziellen Anstrengungen zur Schaffung eines nachhaltigeren Waldsystems überdenken. Der Wissenschaftler schlägt vor, Totholz nicht restlos zu entfernen und nicht im großen Stil wiederaufzuforsten.

In einer ausgezeichneten Forschungsarbeit hat er unter anderem eine alternative Methode zum Kampf gegen den Borkenkäfer entwickelt. Statt der üblichen „Sanitärhiebe“ empfiehlt er das Schlitzen der betroffenen Stämme. Diese Schnitte mit Hilfe der Motorsägen kann die Entwicklung der Borkenkäferlarven effektiv unterbinden wird. „Dabei erhält man deutlich mehr Biodiversität als bei anderen Bekämpfungsmethoden“, fasste Thorn seine Ergebnisse zusammen. Positiver Nebeneffekt: Diese Strategie ist sowohl kostengünstiger als auch weniger zeitintensiv. Zudem sollten die durch Stürme, Borkenkäfer und Dürre entstandenen Lichtungen in Ruhe gelassen werden, so dass unterschiedlichste einheimische Baumarten nachwachsen. Den Wissenschaftlern zufolge erhöht das die Widerstandsfähigkeit eines Waldes gegen extreme Wetterereignisse. Diese Strategie einer vielfältige Baum- und Altersstruktur komme wirtschaftlich wichtigen Baumarten und stark bedrohten Insekten gleichzeitig zugute, sagte Simon Thorn. Hier wünsche er sich „mehr Vertrauen in die Natur“.


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