Konkurrenzkampf um Pflegepersonal bleibt das Nadelöhr

Unternehmen
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Auch das Jahr 2018 wird für das Klinikum Hanau als erfolgreiches Jahr gewertet. Mit einem Jahresergebnis von 1,036 Mio Euro liegt das wirtschaftliche Ergebnis knapp 200.000 Euro unter dem des Vorjahres (1,224 Mio Euro) und gut 300.000 Euro über dem des Wirtschaftsplans 2018.



klinikumhanau.jpg

Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender Claus Kaminsky (SPD) freut sich über das Ergebnis. „Der Erhalt der kommunalen Trägerschaft, bei nach wie vor unzureichender Investitionsförderung der Krankenhäuser, erfordert eine wirtschaftliche Basis, die auch die Finanzierung von langfristig größeren Sanierungsmaßnahmen ermöglicht. Ein großer Dank geht daher an alle, die mit ihrem Einsatz das Ergebnis möglich gemacht haben.“ Neben dem wirtschaftlichen Erfolg des vergangenen Jahres, muss auch der besonders heiße Sommer erwähnt werden. Die klimatischen Bedingungen stellten Patienten wie Mitarbeiter in allen Krankenhäusern vor große Herausforderungen und ließen die in der Regel in den Sommermonaten etwas niedrigere Auslastung etwas länger andauern.

Das seit 1. Januar 2019 geltende Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG) wird sich langfristig entscheidend auf die Finanzierung der deutschen Krankenhäuser auswirken. Mit dem Ziel die Pflegeversorgung deutlich zu verbessern, wird ab dem Jahr 2020 die Pflegefinanzierung vollständig umgestellt und aus den DRG-Erlösen herausgelöst. Die Umstellung erfolgt unter der Voraussetzung, dass der Pflegeberuf gleichzeitig wieder attraktiver für Beschäftigte wird. Davon betroffen sind ca. 25 % der Krankenhauserlöse, die damit neu definiert werden. Für jedes Krankenhaus werden nach dieser Regelung individuelle Pflegebudgets verhandelt. Die detaillierten Rahmenbedingungen hierfür werden zurzeit noch ausgearbeitet. Die Finanzierung erfolgt nach dem Selbstkostendeckungsprinzip. Zusätzliche Pflegekräfte werden im Jahr 2019 zu 100 % finanziert. Die ergänzende Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) gibt für sogenannte pflegesensitive Fachbereiche schichtbezogene Mindestbesetzungen vor, deren Nichterfüllung Finanzierungsabschläge nach sich ziehen können. Auch wenn der Grundgedanke der gesetzlichen Neuregelungen richtig und nachvollziehbar erscheint, birgt die Vorgehensweise der Umsetzung, im Verhältnis zur wirtschaftlichen Tragweite, für jedes Krankenhaus hohe Risiken und schickt viele Kliniken wirtschaftlich zunächst ins Ungewisse.

Auch für das Klinikum Hanau sind die wirtschaftlichen Auswirkungen des PpSG noch nicht in Gänze absehbar und machen eine langfristige Wirtschaftsplanung zum aktuellen Zeitpunkt schwierig. Dennoch bleiben die, im Rahmen der letztjährig erstellten Gesamtbauzielplanung, „Klinikum 20/30“-Sanierung und Erneuerung des Klinikstandortes Hanau ein fester Bestandteil der Zukunftsplanung. Geschäftsführer Volkmar Bölke sagt dazu: „Auch das Klinikum soll langfristig mit der Gesamtentwicklung der Stadt Hanau mithalten können. Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern eine sehr gute medizinische Versorgung in modernen Räumlichkeiten bieten.“

Leistungsentwicklung

Wie im Jahr 2017 betrug die Zahl der im Jahr 2018 stationär behandelten Patienten (somatisch und psychiatrisch) rund 35.000. Die Auslastung lag wiederum bei zirka 80 %. Der bereits erwähnte langanhaltende heiße Sommer ließ die Auslastung in den Sommermonaten länger als gewöhnlich unterjährig temporär schrumpfen. Die im Dezember für zirka drei Wochen baubedingte Schließung einer Station im Haupthaus, sorgte dafür, dass die Belegungskapazität in dieser Zeit eingeschränkt war und eine Steigerung der Patientenzahlen nicht erreicht wurde. Der Schweregrad der somatisch versorgten Patienten lag mit 0,937 leicht unter dem des Vorjahres (0,947), sodass die Zahl der erreichten Relativgewichte (CM Punkte) mit zirka 30.700 etwas unter dem Vorjahr lag (31.100).

Die Zahl der behandelten Patienten in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) war wiederholt rückläufig und folgt damit, wenn auch in kleinen Schritten, dem angestrebten Ziel nur Patienten zu versorgen, deren Erstversorgung tatsächlich einer Klinikambulanz bedarf. Im Jahr 2018 wurden 35.700 Patienten (2017: 36.600, 2016: 38.900) in der ZNA erstversorgt, zirka 14.560 = 41 % davon mussten stationär aufgenommen werden (2017: 14.400 = 39 %, 2016: 14.200 = 37 %). Patienten die fälschlicherweise eigenständig die ZNA aufgesucht hatten, konnten an die dafür zuständigen niedergelassenen Ärzte verwiesen werden. Die wichtige räumliche Verlegung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes direkt vor die ZNA trägt wesentlich zu dieser Verbesserung bei.

Durch den GBA-Beschluss aus dem vergangenen Jahr wird für die Krankenhäuser die stationäre Notfallversorgung im Jahr 2019 in ein gestuftes System überführt – entsprechend der Vorhaltung notfallrelevanter Kapazitäten, Art und Umfang der Fachabteilungen sowie struktureller Voraussetzungen und technischer Ausstattungen werden die Kliniken in drei Stufen der Notfallversorgung (Basis, erweitert, umfassend) eingeteilt. Diese Einstufung wird als systemrelevant gesehen. Der Ausbau zu einem integrierten Notfallzentrum (INZ) erfolgt am jeweiligen Standort durch einen gemeinsamen Tresen mit einem rund um die Uhr anwesenden niedergelassenen Allgemeinmediziner.

Der zunehmenden Spezialisierung in der Medizin wurde auch im Jahr 2018 durch die erfolgreichen Zertifizierungen der Zentren (Brustzentrum, Viszeralonkologisches Zentrum, Eltern-Kind-Zentrum, Gefäßzentrum, Gynäkologisches Krebszentrum und Schilddrüsenzentrum) Rechnung getragen. Erweitert wurden die Zentren um das nun auch zertifizierte Adipositaszentrum. Unter der Leitung von Chefarzt Prof. Dr.med. Peter Langer und Oberarzt Dr. med. Christoph Kramps werden hier jährlich mehr als 100 krankhaft übergewichtige Patienten operativ versorgt.

Mit 1.553 Geburten im Jahr 2018 lag die Geburtenzahl um zirka 3 % über der des Vorjahres (1.504). Davon kamen 39 (2017: 52) Babys mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm zur Welt. 31 (2017: 35) davon sogar mit einem Geburtsgewicht von unter 1.250 Gramm. Die Abteilung für Neonatologie des Klinikums Hanau, unter der Leitung von Sektionschef Dr. med. Bernhard Bungert, ist im Rahmen des Level 1-Status der Geburtsklinik, unter Leitung von Chefarzt PD Dr. med. Thomas Müller, als einzige Klinik im Main-Kinzig-Kreis für die Versorgung von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1.250 Gramm zuständig.

Zum Ausbau der pneumologischen Versorgung (Lungenerkrankungen) wurde Mitte des Jahres als Sektionsleitung Frau Doctor-medic Diana Krohn eingestellt, die diesen Versorgungsbereich im Rahmen des in Kooperation mit der Universitätsklinik Heidelberg betriebenen Lungenzentrums ausbauen soll. Im November des vergangenen Jahres konnte das Klinikum Hanau als erstes Krankenhaus in Hessen in enger Kooperation mit der Stiftung „Deutsche Schlaganfall Hilfe“ das Schlaganfall-Lotsen-Projekt in der Klinik für Neurologie, unter der Leitung von Chefarzt Dr. med. Sven Thonke, erfolgreich umsetzen. Fortan kümmern sich zwei Schlaganfall-Lotsinnen um Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben. Sie steuern und begleiten die Versorgung auch im ambulanten Bereich über den Akut- und Reha-Bereich hinaus. Der so sicher gestellte nahtlose Versorgungsprozess bei diesem häufigen Krankheitsbild ermöglicht einen optimierten medizinischen Outcome. Als Projektpate konnte Ex-Nationaltorhüter Uli Stein gewonnen werden, der in seiner Familie auch betroffen war. „Wir sind sehr stolz darauf, dass wir dieses Projekt mit großer Zielstrebigkeit aller Beteiligten in der Abteilung für Neurologie in kürzester Zeit umsetzen konnten. Damit kann die Lebensqualität von Schlaganfall Patienten entscheidend verbessert werden“, sagt Volkmar Bölke, Geschäftsführer des Klinikums Hanau.

Erlöse, Personal- und Sachkostenentwicklung, Betriebsergebnis

Mit 167,3 Mio Euro lagen die Gesamterlöse 3,8 % über denen des Jahres 2017. Überplanmäßig und mit 4,1 % gegenüber dem Vorjahr entwickelten sich die Personalkosten in Höhe von 99,0 Mio Euro (2017: 95,0 Mio Euro). Zum einen wirkte sich die unterjährig im Jahr 2017 umgesetzte neue Entgeltordnung ganzjährig aus und zum anderen waren durchschnittlich im Vergleich zum Jahr 2017 zirka 15 Vollkräfte mehr im Klinikum beschäftigt (1.225 zu 1.240 VK). Stichtagsbezogen waren zum 31.12.2018 jedoch 23 VK mehr im Klinikum beschäftigt als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres (1.237 zu 1.260 VK). Durch die volle Finanzierung zusätzlicher Pflegekräfte im Rahmen des Pflegeförderprogrammes im Jahr 2019 besteht der Anreiz, für alle Kliniken zusätzliche Stellen zu schaffen bzw. zu besetzen. Ferner sorgen die ab 2019 geltenden Personaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen per se für zusätzlichen Personalbedarf. Dabei entsteht jedoch bis zur endgültigen Verhandlung und Genehmigung in den Budgetverhandlungen zunächst ein mitunter kritisches Liquiditätsloch.

Die Sachkosten und sonstigen betrieblichen Aufwendungen stiegen in Summe um zirka 2,96 Mio Euro von 59.869 Mio Euro auf 62.825 Euro. Die gegenüber der Leistungsentwicklung überproportionale Steigerung von ca. 5 % resultiert in erster Linie durch Mehrausgaben in Höhe von zirka 650 T Euro für Leihpersonal und Kosten für die Gesamtbauzielplanung in Höhe von zirka 300 T Euro. Die größte, aber ergebnisneutrale Steigerung entfällt auf die Arzneien im medizinischen Sachbedarf. Diese kommt durch die Bruttoverbuchung der Umsätze im Jahr 2018 aus eigener Zytostatikaherstellung zustande. Das EBITDA sinkt somit gegenüber dem Vorjahr um zirka 900 T Euro auf 5,5 Mio Euro, was im Wesentlichen auf den im zweiten Halbjahr begonnenen Personalaufbau und auf die Verfehlung der geplanten CM Punkte zurückzuführen ist. Nach Berücksichtigung von Abschreibungen, Zinsen und Steuern verbleibt das oben erwähnte Ergebnis von 1,022 Mio Euro.

Investitionen, Bau und Instandhaltung

Im vergangenen Jahr wurden, neben den Kosten für die Instandhaltung in Höhe von 5,9 Mio Euro (2017. 5,7 Mio Euro), zirka 7,4 Mio Euro in Bau, Ausstattung, Sanierung, Medizin Geräte und Informationstechnologie investiert.

Die wichtigsten durchgeführten Maßnahmen waren:
⦁ Start der Stationssanierungen im Bettenhaus HC 6. bis 11. Stock (eine Station ist bereits wieder in Betrieb genommen worden)
⦁ Verlagerung der Räumlichkeiten des ärztlichen Bereitschaftsdienstes vor die Zentrale Notaufnahme im Hauptgebäude
⦁ Verkauf Gebäude I und Verlagerung der Dermatologischen Praxis (Prof. Ockenfels) von Gebäude K nach I
⦁ Renovierung des gesamten Kreissaalareals
⦁ Baulich räumliche Anpassung zweier psychiatrischer Stationen an die Modellvorhabenversorgung (Ambulante Akutbehandlung – AAB)
⦁ Brandschutzmaßnahmen in verschiedenen Gebäudeteilen
⦁ Erneuerung sämtlicher somatischer Patientenbetten (zirka 550)
⦁ Medizingerätetechnische Neuausstattung der Bronchoskopie
⦁ Anschaffung High End Ultraschallsystem in der Gastroenterologie
⦁ Ersatzbeschaffung Röntgensystem

Für das laufende Jahr 2019 und das Folgejahr 2020 wurden vorbereitend in 2018 Ausschreibungen für die Ersatz- bzw. Neubeschaffung eines MRT und zweier Linearbeschleuniger im Gesamtvolumen von knapp 7 Mio Euro vorgenommen.

Ausblick

Durch die politisch eingeleiteten neuen Regularien für den deutschen Krankenhausmarkt wird dieser in den kommenden Jahren strukturelle Veränderungen erfahren. Die abgestufte Notfallversorgung stellt dabei ein wichtiges Sortierungskriterium dar. Mit Inkrafttreten des PpSG und der damit verbundenen teilweisen Rückkehr zum Selbstkostendeckungsprinzip könnte eine grundsätzliche Abkehr vom DRG-System eingeleitet worden sein – bewusst oder unbewusst. Das sehr kurzfristige Inkrafttreten der für die Krankenhausfinanzierung tiefgreifenden Änderungen birgt für alle Krankenhäuser mitunter große wirtschaftliche Risiken. Eine Konvergenzphase hätte hier gutgetan. Der Konkurrenzkampf um das knappe Pflegepersonal bleibt auch mittelfristig das Nadelöhr auf dem Weg zum qualitativen und wirtschaftlichen Erfolg.

Das Klinikum Hanau investiert weiterhin in die Modernisierung des Klinikstandortes – das umfasst sowohl die fortlaufende Sanierung der Stationen im Bettenhochhaus, als auch die stetigen Investitionen im Bereich Personal und Medizintechnik. Das Klinikum wird damit als Krankenhaus der höchsten Versorgungsstufe medizinisch als auch pflegerisch und baulich auf modernstem Stand gehalten. Dabei steht in erster Linie weiterhin das Patientenwohl im Vordergrund. Um die notwenigen Investitionen tätigen zu können, fokussiert die Klinikleitung auch in den kommenden Jahren ein wirtschaftlich positives Ergebnis. Das Klinikum stellt sich dieser Herausforderung und will auch weiterhin ein unverzichtbarer Partner für die Gesundheitsversorgung der Menschen in der Stadt Hanau und im Main-Kinzig-Kreis bleiben – weiterhin möchte es ein attraktives Krankenhaus der Maximalversorger sowohl für Patienten als auch Fachpersonal sein.

Foto-Quelle: Klinikum Hanau.


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

online werben

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

vogler banner

Anzeige

vogler banner

Anzeige

Online Banner 300x250px MoPo 2