Konjunktur im MKK: Weder Rezession noch Boom

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Ein Aufschwung ist das nicht, was in den kommenden Monaten im Main-Kinzig-Kreis erwartet wird. Aber es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass eine konjunkturelle Krise bevor steht. Vielmehr kündigt sich für 2020 eine Seitwärtsbewegung der Konjunktur an. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern nach Auswertung der aktuellen Umfrage zur Lage und zu den Erwartungen in den Unternehmen.



2019 wuchs die Wirtschaft in Deutschland nur um mäßige 0,6 Prozent. Schon seit Anfang 2019 schwächelt die Konjunktur. Die Unternehmen in Hanau und im Main-Kinzig-Kreis erwarten laut Umfrage ein wenig spektakuläres „weiter so!“ mit bestenfalls schwachem Wachstum, wenn überhaupt. Der Grund: Abgesehen von der nach wie vor starken Binnennachfrage, zu der die Rekordbeschäftigung einen erheblichen Beitrag beisteuert, fehlt es weitgehend an belebenden Impulsen.

Für IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Gunther Quidde sind 34,1 Prozent Unternehmen, die über eine aktuell gute Geschäftslage berichten, „kein berauschend guter Wert“. Vor einem Jahr lag diese Kennzahl noch über acht Prozentpunkte höher bei soliden 42,3. „Seit einem Jahr verschlechtert sich die aktuelle Lage von Umfrage zu Umfrage“, merkt Quidde auch mit Blick auf diejenigen Unternehmen an, welche ihre geschäftliche Situation dezidiert als „schlecht“ bewerten: Im Januar 2020 sind es 10,7 Prozent, vor einem Jahr waren es nur 6,0 Prozent. „Wir erleben eine schleichende Erosion des fast zehn Jahre anhaltenden Aufschwungs. Aber solange 55,2 Prozent der Unternehmen mit ihrer Lage im Großen und Ganzen zufrieden sind, steht uns kein drastischer Konjunktureinbruch ins Haus“, beruhigt Quidde.

Auch mit Blick auf die teilweise verhaltenen Erwartungen will der IHK-Hauptgeschäftsführer nicht in den Chor der Untergangspropheten miteinstimmen: Zwar erwarten nur 14,6 Prozent der Unternehmen eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, ihnen stehen mit 21,5 Prozent mehr Pessimisten gegenüber. Aber bei der voran gegangenen Umfrage im Herbst 2019 war diese Relation mit 8,2 Prozent Optimisten und 25,6 Prozent Pessimisten deutlich schlechter. Quidde dazu im Klartext: „Die Konjunktur lahmt. Da gibt es nichts drum herum zu reden. Und wir sind noch lange nicht über den Berg. Aber ohne einen detaillierten Blick in das Zahlenwerk der Umfrage und auf die verschiedenen Branchen lässt sich die momentane Lage nicht zutreffend beschreiben, und es lassen sich auch keine Lösungswege aufzeigen.“

Außenbeitrag beachten

Der IHK-Konjunkturklimaindikator ist die zentrale Kennzahl, welche die positiven und negativen Einschätzungen der 205 antwortenden Unternehmen aus allen wichtigen Branchen und Teilregionen in Hanau und im Main-Kinzig-Kreis gewichtet. Dieser Wert ist trotz der mäßigen Erwartungen und der wenig zuversichtlichen Lagebewertungen immerhin von 102,8 im Herbst 2019 auf nun 107,2 Punkte gestiegen. Nur zum Vergleich: Es ist erst zwei Jahre her, dass zum Jahresbeginn 2018 dieser Wert mit 131,9 ein Allzeithoch erreichte.

Der Hauptgrund für die Verbesserung gegenüber der Umfrage vom Herbst 2019 liegt tief in der Umfrage verborgen: Es sind die Angaben der international aktiven Großhändler, der Erzeuger von industriellen Vorleistungsprodukte und von denjenigen Industriebetrieben, welche Gebrauchsgüter herstellen. Diese für die Region so wichtigen Unternehmen, zu ihnen gehören unter anderem die Kfz-Zulieferer, haben ihre zutiefst pessimistischen Angaben vom Herbst 2019 teilweise erheblich nach oben korrigiert – allerdings nur von rabenschwarz zu düster. Dieser statistische Effekt schlägt zu Buche. „Offensichtlich entdecken viele Unternehmen, dass sie trotz zunehmender Handelshemmnisse ihr internationales Geschäft auch in Zukunft erfolgreich betreiben können, auch wenn das schwieriger geworden ist. Das ist eine erfreuliche Nachricht in einem eher grauen Konjunktur-Umfeld“, merkt Quidde an.

Weil die Auslöser der Handelskonflikte jenseits der deutschen Grenzen liegen und da die hiesigen regionalen, mittelständischen Unternehmen deutlich stärker mit der globalen Wirtschaft verflochten sind als die Unternehmen in anderen deutschen Regionen, schlägt sich das globale Auf und Ab der Konjunktur im Main-Kinzig-Kreis eher nieder als andernorts.

Quidde analysiert: „Das Ergebnis der Umfrage bildet die Unternehmensstruktur in Hanau und im Main-Kinzig-Kreis ab – und dieses Ergebnis kann nicht erfreuen. Es fehlen die Wachstumsimpulse.“

Industrie: komplexes Lagebild

Über das Wohl und Wehe der hiesigen Industriebetriebe entscheiden in dieser Situation zwei Grundgegebenheiten: Da sind zum einen die Unternehmen selbst, die sich in einem veränderten Weltmarktumfeld möglichst schnell neu ausrichten müssen. Nur noch 32,3 Prozent der Industrieunternehmen stufen ihre Geschäftslage als gut ein. Im Herbst 2019 waren es dagegen 39,3 Prozent und vor einem Jahr 55,2 Prozent. Aktuell bewerten aber 16,9 Prozent ihre Lage als schlecht (Herbst 2019: 11,5 Prozent und Januar 2019: 7,5 Prozent).

Optimistisch in die Zukunft schauen wieder 21,5 Prozent, das sind allerdings 4,7 Prozentpunkte weniger als die Pessimisten. Zum Vergleich: Im Herbst waren 10,5 Prozent der Industriebetriebe optimistisch gestimmt und vor einem Jahr 16,2 Prozent. Werden diese Zahlen mit der regionalen Exportquote von über 65 Prozent kombiniert, wird das Problem noch deutlicher: Vor allem die bis vor kurzem noch starken und wettbewerbsfähig aufgestellten Zulieferer der Kfz-Industrie und des Maschinenbaus haben allen Grund für ihre Skepsis. „Von außenwirtschaftlichen Eintrübungen über strukturelle Herausforderungen wie die Digitalisierung oder die alternative Mobilität bis hin zu den Erfordernissen der Klimapolitik – lauter Herausforderungen, von denen schon jede einzelne von jedem Unternehmer besondere Aufmerksamkeit und Weitblick verlangt“, warnt der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Nur dank der herausragend guten Beschäftigungssituation und der sehr soliden Binnennachfrage ist die Wirtschaft im Main-Kinzig-Kreis 2019 nicht in die Rezession geglitten. Diese positiven Effekte überlagern und verdecken zum Teil die konjunkturelle Schwäche des industriellen Sektors. „Daran dürfte sich im Jahresverlauf nichts Grundlegendes ändern, wahrscheinlich wird allerdings die relative Schwäche der Industrie stärker auffallen“, befürchtet Quidde. Mit Blick auf das Produzierende Gewerbe bleibt festzuhalten, dass abgesehen von der Hochkonjunktur im Baugewerbe keine echten Glanzlichter am Horizont zu entdecken sind.

Handel, Dienstleistungen und Arbeitsmarkt weiterhin recht gut aufgestellt

Dank der hohen Beschäftigungsquote und der geringen Zahl an Arbeitslosen kann momentan viel Geld in den Wirtschaftskreislauf über den Handel und das Dienstleistungsgewerbe fließen. Die Einkommen der privaten Haushalte sind kräftig gestiegen, was nicht nur dem Einzelhandel zugutekommt, sondern auch vielen Dienstleistungsbetrieben. Das stärkt die Konjunktur.

Teilweise kritisch sieht es allerdings im Gastgewerbe und im Verkehrsgewerbe aus: Daran ist aber nicht die Konjunktur schuld, sondern der in diesen Branchen grassierende Fachkräftemangel. Der sehr robuste und aufnahmefähige Arbeitsmarkt kann aus der Region so gut wie keine qualifizierten Kräfte mehr bereitstellen. Daran dürfte sich in den kommenden Monaten nur wenig ändern, die Vollbeschäftigung ist zum Greifen nah. „Der Fachkräftemangel ist schon seit gut drei Jahren mit Abstand das größte Konjunkturrisiko“, betont Quidde mit Blick auf die Ergebnisse der IHK-Umfrage: „Weit über die Hälfte der Unternehmen, 60,1 Prozent, berichten dies Anfang 2020; im Verkehrssektor sind es sogar über 90 Prozent!“ Im Falle der Geldwirtschaft sorgen ferner die Herausforderungen Internet-Banking sowie die Nullzinspolitik für eine strukturelle Erschwernis.

Beschäftigung stabil, Wirtschaftspolitik nicht

„20,9 Prozent der Unternehmen rechnen mit immer noch steigender Beschäftigung, praktisch genauso viele, nämlich 20,4 Prozent, gehen von weniger Beschäftigung aus. Ich interpretiere das so, dass die Zahl der Beschäftigten ungefähr gleich bleiben wird, allerdings verbunden mit Entlassungen auf der einen und Neueinstellungen auf der anderen Seite“, meint Quidde.

Kritisch sieht er die Rolle des Staates in dieser Phase der Unsicherheit: „Während in den wichtigsten Industriestaaten die Steuerbelastung der Unternehmen gesenkt wird, steigen in Deutschland die Energiekosten weiter. Die Steuereinnahme in Deutschland haben ein Allzeithoch erreicht, aber der Staat gibt immer mehr davon für den Konsum aus – bei der geplanten Grundrente ist weder klar, wie teuer sie wird, noch wie sie finanziert und wie sie administriert werden soll. Wie soll da die Wirtschaft optimistisch werden? Jetzt ist höchste Zeit für Steuersenkungen!“


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