Konjunktur: Massiver Einbruch bei Stimmung und Lage

Unternehmen
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Die Konjunktur im Main-Kinzig-Kreis bricht ein. Es gibt kaum Lichtblicke. Frühestens im Herbst wird sich zeigen, ob sich die Unternehmen aus dem Konjunkturtal herausarbeiten können, in das sie von der weltweiten Coronavirus-Pandemie gestürzt wurden. Viele Unternehmen stehen bereit, nach der Krise wieder durchzustarten. Sie sind aber vom Startschuss der Politik abhängig.



klimaunternhemnemkkk.jpg

klimaunternhemnemkkk1.jpg

klimaunternhemnemkkk2.jpg

Diese tut gut daran, möglichst viele politische Bremsen zu lockern, um die Menschen in Europa, Deutschland, Hessen und im Main-Kinzig-Kreis vor Massenarbeitslosigkeit zu schützen und eine Insolvenzwelle abzuwenden. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern nach Auswertung ihrer aktuellen Konjunkturumfrage. Nur noch 14,8 Prozent aller Unternehmen bezeichnen ihre derzeitige Geschäftslage als „gut“. Das ist nur unwesentlich besser als zum Höhepunkt der Weltfinanzkrise im Mai 2009. Damals waren es 12,4 Prozent. Auch gibt es mehr „schlecht“-Meldungen, aktuell 43,1 Prozent, als vor elf Jahren (40,3 Prozent). Zum Vergleich: Vor einem Jahr, bei sich langsam eintrübender Konjunktur, lagen beide Kennzahlen fast genau anders herum: 40,1 Prozent („gut“) und 9,4 Prozent („schlecht“). Soweit die aktuelle Lage.

Schlecht sieht es auch bei den Erwartungen an die Zukunft aus: Optimistisch sind derzeit nur noch 9,2 Prozent der Unternehmen (Mai 2009: 7,8 Prozent; Mai 2019: 18,4 Prozent) – über alle Branche hinweg betrachtet. Ihnen stehen die Pessimisten gegenüber: Dieses Mal sind es 53,2 Prozent (Mai 2009: 47,2 Prozent; Mai 2019: 19,3 Prozent). „Das ist ein verheerendes Ergebnis, dass ich in diesem Ausmaß nicht erwartet hatte. Besonders auffällig ist der noch höhere Anteil an Pessimisten im Vergleich zum Krisenjahr 2009. Denn da sich unsere Stichprobe wie die zugrundeliegende Wirtschaftsstruktur nur sehr langsam ändert, haben diesmal viele Unternehmen geantwortet, die schon 2009 dabei waren. Deshalb sind die insgesamt 216 Aussagen statistisch vergleichbar – und in der Praxis teilweise schlechter“, kommentiert IHK-Hautgeschäftsführer Dr. Gunther Quidde die Befunde.

Welche Branchen stecken derzeit besonders tief im gefährlichen Sumpf der Corona-Krise? Fast die gesamte Industrie sieht schwarz. Mit nur 5,4 Prozent Optimisten unterbietet die wichtige Branche ihren Tiefstand von vor elf Jahren deutlich (2009: 10,8 Prozent). Auch der in der Region so starke Großhandel ist durchweg in Moll gestimmt, nur 5,3 Prozent dieser Unternehmen zeigen sich zuversichtlich (2009: 5,6 Prozent). Es ist nachvollziehbar, dass in Branchen wie dem Gastgewerbe, der Verkehrswirtschaft und bei nahezu allen Dienstleistungsfirmen, die für Unternehmen arbeiten, das Konjunkturbild ebenfalls tiefschwarz gefärbt ist. „Wenn aber sogar die Bauwirtschaft eine schwere Krise befürchtet und auch bei den Banken und Sparkassen kein Hoffnungsschimmer zu entdecken ist, dann ist zumindest die Stimmung katastrophal schlecht – und die Lage vermutlich nicht viel besser: Es geht ans Eingemachte“, ist sich Quidde sicher.

Die Coronavirus-Pandemie lässt den IHK-Konjunkturklima-Indikator auf ein Rekordtief von 63,4 stürzen (Mai 2009: 66,1; Mai 2019: 113,8). Der Indikator gewichtet die Lage mit den Erwartungen und lag in den vergangen sieben Jahren bis Januar 2020 immer zwischen recht guten 108,5 und herausragenden 131,9 Punkten.

Wie die Katastrophe überwinden?
Vielfach drastische Umsatzrückgänge, Verzicht auf Neueinstellungen, aber trotz lange Zeit vorherrschendem Fachkräftemangel häufiger Stellenabbau, Rekordzahlen bei den Arbeitslosen, ein lahmender Export und kaum Investitionen in Sicht – „Auch wenn wir berücksichtigen, dass die Umfrage von vielen Unternehmen auf dem Höhepunkt der Krise und vielleicht dem Tiefpunkt ihrer Stimmung beantwortet wurde, zeichnet sich ganz klar ab, dass die kommenden Monaten sehr, sehr hart sein werden“, warnt Quidde.

Nur die Unternehmen selbst können diese Krise überwinden. Staat, Verwaltung und Politik können lediglich Hilfestellung geben. Quidde konkret: „Was jetzt Not tut, sind mehr Freiheiten für Unternehmen, weniger Bürokratie und generell mehr Flexibilität. Das muss gar nicht viel kosten, wirkt aber schnell. Wenn wir zum Beispiel nächstes Jahr noch gute Restaurants haben wollen, müssen sie die Möglichkeit haben, in den nächsten Monaten wenigstens einen Teil ihrer Umsatzrückgänge wieder einzuholen. Deshalb sollte ihnen ab sofort erlaubt sein, auf mehr Bürgersteigfläche Tische und Stühle aufzustellen – und die Kellner dürfen auch länger am Abend draußen bedienen.“ Auch die Anlieferung der Innenstädte in der Nacht sowie mehr Nachtflüge sollten zeitlich befristet erlaubt werden. Kostspielige Maßnahmen wie die zwangsweise Einführung manipulationsfreier Kassensysteme zur Bekämpfung der Geldwäsche oder auch die Einführung neuer Energielabels sind unter den gegebenen Vorzeichen wenig sinnvoll. Es gibt Wichtigeres.

„Jetzt geht es darum, die Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln drastisch zu erleichtern und die Nachfrage der Verbraucher massiv zu stärken – beherzt und zielführend“, formuliert es der IHK-Hauptgeschäftsführer mit Blick auf die acht von der IHK identifizierten Hauptrisiken für die Konjunktur. (siehe Grafik)


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de