Einzelhandel: Tarifeinigung bei Lohnsteigerung um 6 Prozent abgelehnt

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In der sechsten Runde der Tarifverhandlungen im hessischen Einzelhandel haben die Arbeitgeber ihr Angebot erhöht. Bei einer 24-monatigen Laufzeit boten die Arbeitgeber eine Steigerung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um insgesamt 10 Prozent an. Für das laufende Tarifjahr beinhaltete das angepasste Angebot eine Steigerung um 6 Prozent und für das Tarifjahr 2024 um weitere 4 Prozent.



"Mit dem in Aussicht gestellten Mindeststundensatz von 13 Euro würden alle Stundensätze sogar deutlich über dem Mindestlohn liegen. Ergänzt haben die Arbeitgeber ihr Angebot um eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 750 €.  Auch dieses erhöhte Angebot reichte der Gewerkschaft nicht aus. Eine Einigung konnte abermals nicht erzielt werden. "Mit unserem vorgelegten Angebot ist das Ende der Fahnenstange definitiv erreicht. Da dieses bereits für viele Händlerinnen und Händler in Hessen eine Herausforderung darstellt, können wir als Verhandlungskommission ein noch höheres Angebot nicht mehr verantworten", so Nico Lehm, Vorsitzender der Tarifkommission in Hessen. "Die von ver.di geforderte Steigerung ist für die Unternehmen unserer Branche wirtschaftlich untragbar und absolut nicht darstellbar. Gleichzeitig schürt sie bei den Beschäftigten offensichtlich weiterhin eine unrealistische Erwartungshaltung. Trotz unseres erneut erhöhten Angebotes ist ein Entgegenkommen von ver.di, auch nach der sechsten Verhandlungsrunde nicht zu erkennen. Gerade im Hinblick auf die gemeinsamen Interessen von Handelsunternehmen und Beschäftigten ist das eine ärgerliche Situation", so Lehm weiter. 

"Eine Tarifeinigung in diesem Jahr wird immer unwahrscheinlicher", zeigt sich Lehm enttäuscht. "Eine Verhandlungsrunde wie diese, in der ver.di bundesweit in mehr als 60 Verhandlungsterminen keinen einzigen Beitrag zu Gunsten einer Annäherung leistet, kann nicht das Ziel einer funktionierenden Sozialpartnerschaft sein. Unseren Mitarbeitenden ist mit einer tarifpolitischen Hängepartie nicht geholfen. Genau deshalb sind die meisten Unternehmen bereits unserer verbandlichen Empfehlung einer freiwilligen Entgeltsteigerung von bis zu 5,3% gefolgt", macht Lehm deutlich. "Wir fordern die Gewerkschaft nochmals auf, von ihren utopischen Forderungen Abstand zu nehmen und endlich in einen fairen und konstruktiven Dialog einzusteigen", so Lehm abschließend.

„Selbst einige hundert Streikende vor dem Verhandlungslokal konnten die Arbeitgeber:innen nicht überzeugen, ihre vielleicht letzte Gelegenheit vor dem bereits Mitte November beginnenden Weihnachtsgeschäft für ein passables und damit tatsächlich verhandlungsfähiges Angebot zu nutzen. Trotz eines auf 6 Prozent für 2023 und 4 Prozent fürs nächste Jahr verbesserten Angebots blieb ihr offenkundiges Ziel, die Kaufkraftverluste der Beschäftigten in den letzten anderthalb Jahren nicht einmal annähernd ausgleichen zu wollen“, erklärt Marcel Schäuble, Landesfachbereichsleiter Handel der ver.di Hessen und Verhandlungsführer für den hessischen Einzel- und Versandhandel: „Denn auch 6 Prozent reichen nicht, wenn die Lebenshaltungskosten überdurchschnittlich steigen und viele Beschäftigte schon in der Monatsmitte nicht mehr wissen, ob sie für ihren Rest des Gehalts eine Fahrkarte zum Arbeitsplatz oder den notwendigen Wocheneinkauf finanzieren sollen. Wenn diese bewusste Zurückhaltung nicht aufhört, werden wir in den beiden vor uns liegenden Monaten die Arbeitgeber:innen bundesweit zum schnelleren und weitergehenden Nachdenken anregen müssen. Denn während die Unternehmen die Preissteigerung an ihre Kund:innen durchreichen können und tatsächlich entsprechend höhere Umsätze erzielen, bleibt den Angestellten nur die Hoffnung auf eine spürbare Lohnerhöhung. Dafür streiken sie bereits seit Mai und werden dies auch im Dezember tun. ‚Nikolaus – Streik im Haus‘ ist unsere Botschaft an die bislang störrischen Arbeitgeber:innen. Wer das provoziert, muss dann auch ohne Jammern die Konsequenzen tragen.“

Als nächster Verhandlungstermin ist Dienstag, 12.12.2023, anvisiert.


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