CDU-Kreisparteitag: Ein Desaster mit Ansage

Vogler
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Die Union im Main-Kinzig-Kreis liegt am Boden. Wenn es nicht mehr gelingt, einen Vorsitzenden zu wählen, ein Kreisparteitag abgebrochen werden muss, dann ist dies nicht ein plötzliches, unerwartet vom Himmel hereinbrechendes Ereignis. Das Debakel von Rodenbach hat eine lange Vorgeschichte.



Seit Jahren hat die Union im Kreis die Fliehkräfte in ihren Reihen- höflich ausgedrückt - in fataler Weise unterschätzt oder wie viele Ex-CDU-Mitglieder meinen, "billigend in Kauf" genommen. Klarer Ausdruck dieser Haltung in der Unionsführung im Kreis war und ist bis heute die konsequente Ausgrenzung von langjährigen, erfahrenen Kommunalpolitikern im Kreis und in vielen Städten und Gemeinden. Begonnen hatte diese unheilvolle Entwicklung mit dem Abgang des ehemaligen Kreisvorsitzenden Tom Zeller. Zunächst als Repräsentant eines gelungenen Generationenwechsels gefeiert, wurde er selbst Opfer einer Politik, ausschließlich "linientreue" Christdemokraten zu fördern.

Das Ganze hatte System. In einer ersten Phase wurden die Listen für die Wahl der Delegierten dahingehend gesäubert, dass unbequeme Zeitgenossen auf hintere Plätze verbannt oder ganz gestrichen wurden. Die Folge war ein Kreisvorstand, der sich ohne wenn und aber hinter die Linie des geschäftsführenden Vorstandes im Allgemeinen und die Wünsche des Vorsitzenden im Besonderen stellte. Eine erste deutliche Warnung war das Wahlergebnis im Jahr 2011 auf Kreisebene. Mit gut 33 Prozent verlor die Union die Position als stärkste Partei, war aber immer noch mit der SPD (knapp 36 Prozent) auf Augenhöhe.

Anstatt sich jetzt eine schlagkräftige Oppositionsfraktion zu formieren, gab es in Kreistagsfraktion und in den Parteigremien häufige Grabenkämpfe. Zwei etwa gleich große Lager standen sich unversöhnlich gegenüber und von der Parteiführung gab es keine Anstalten zur Versöhnung im Sinne einer starken CDU im Main-Kinzig-Kreis. Das Gegenteil war der Fall. Mit der Nominierung eines Frankfurter Bewerbers für die hauptamtliche Kreisspitze wurde deutlich: Hier soll jemand versorgt werden, die lokale Basis hat das nur noch abzunicken. Da merkte man die Absicht und war verstimmt. Kein Wunder also, dass der Koalitionspartner SPD die "Regierungsbildung" dankend ablehnte.

Nicht erst seit dem misslichen Wahlergebnis setzte zudem bei der Union im Kreis ein Aderlass bei den Mitgliederzahlen ein. Viele einst führende Köpfe der Unionsfraktion verließen - teils still, teils unter öffentlicher Aufmerksamkeit - die Partei. Böse Zungen behaupten, die Zahl der ehemaligen CDU-Kreistagsabgeordneten, die nicht mehr der Partei angehören, übertrifft zahlenmäßig deutlich die aktuelle Fraktionsstärke. Wenngleich offizielle Angaben fehlen, dürfte der einst mit rund 4.000 Mitgliedern starke CDU-Verband sich heute glücklich schätzen, die 2.000er Marke zu überschreiten. Darin sind keine Mitglieder enthalten, die als "innere Emigranten" der Partei bei der kommunalpolitischen Arbeit schmerzlich fehlen.

Spätestens nach dem Absturz bei der Kommunalwahl 2016 wäre es dringend geboten gewesen, eigene Kräfte zu bündeln und den Mitgliedern offen darzulegen, wie es um die Union steht und wie Weg in die kommunalpolitische Zukunft gestaltet werden soll. Dazu zählen in erster Linie klare programmatische Aussagen zudem ein konservativ-bürgerlicher Gegenentwurf zu den erstarkten Sozialdemokraten. Wer den Koalitionsvertrag liest, dem fehlt genau dies. Dass die SPD die Koalitionsvereinbarung lobt ist verständlich und nachvollziehbar: Es ist lupenreine SPD-Politik.

Eine besondere Spezialität der CDU-Spitze sind Kandidaturen. "Großkopferte" bewerben sich immer dann, wenn möglichst ohne Mühe die Besetzung einer gut dotierten Position ansteht. Bei der "Ochsentour", sprich Kandidaturen für Ämter die gar nicht oder schwer zu gewinnen sind, da schickt man gern andere vor oder tritt erst gar nicht an. So geschehen bei diversen Bürgermeisterdirektwahlen, wo es keinen CDU-Bewerber gab. Anderes Beispiel: Nach langer quälender Suche für einen Kandidaten zur Landratswahl wurde die CDU-Bewerberin zunächst in den höchsten Tönen gelobt, im Wahlkampf weitgehend allein gelassen und schließlich als es um eine Spitzenposition im Kreis ging brutal abserviert. Diese Politik kann und darf nicht ohne Folgen bleiben.

Für diese Heimsuchungen ist kein einzelner allein verantwortlich. Als langjähriger Kreisvorsitzender, CDU-Generalsekretär im Bund, jetzt Staatssekretär in der Bundesregierung und nicht zuletzt auch Abgeordneter im Kreistag trägt Dr. Peter Tauber zweifellos große Verantwortung für den Niedergang seiner Partei vor Ort. Es stünde ihm gut zu Gesicht, das zerschlagene Porzellan zu kitten und auf seine innerparteilichen Kritiker zuzugehen. Falls er dies nicht will oder kann, sollte er sich aus der Kommunalpolitik sofort und vollständig zurückziehen, ferner nicht länger im Hintergrund "Strippen ziehen". Diese Entscheidung ist alternativlos.

Zum Autor

Im Jahre 1971 startete Hans-Jörg Vogler (66) als nebenberuflicher Vereinsberichterstatter sein journalistische Karriere und nach Stationen als Redaktionsleiter und Mitarbeiter mehrsprachiger, internationaler Kundenmagazine sowie als Autor von vier Büchern arbeitet der gelernte Redakteur bis heute in Biebergemünd als "Freier Autor" für namhafte Fachpublikationen. Seine enge Verbundenheit zu den lokalen Medien hat er dabei nie verloren: Als Redakteur betreut er gegenwärtig das Mitarbeitermagazin "WIR" der Bien-Zenker GmbH und leistet für mehrere Unternehmen in ganz Deutschland "Formulierungshilfe" für deren Öffentlichkeitsarbeit. Von 1977 bis 2011 gehörte Vogler - mit einer kurzen Unterbrechung - als CDU-Abgeordneter dem Main-Kinzig- Kreistag an. Der aktiven Politik hat er seit langem den Rücken gekehrt.


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