Es gibt keine kleinen Geschenke mehr

Vogler
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Der Gang zur Apotheke hat meistens einen eher unangenehmen Hintergrund. Die verordneten Medikamente sollen eine Krankheit heilen oder dienen der Linderung von Beschwerden jeglicher Art.



Oft gab es bislang zusammen mit den Heilmitteln eine kleine Aufmerksamkeit in Form einer Packung Papiertaschentücher, Traubenzucker oder auch einen Gutschein für ein Brötchen beim benachbarten Bäcker. Alles in Allem nur eine nette Geste, denn der Wert dieser Zugaben bewegte sich im Bereich von einigen Cent.

Nach dem Willen der Bundesrichter soll jetzt Schluss sein damit. Bei ärztlich verschriebenen Medikamenten und Heilmitteln wurde es den Apotheken untersagt, Patienten mit derartigen Gaben zu erfreuen. Ausgelöst hatte diesen Prozess die „Zentrale für unlauteren Wettbewerb“, ein Abmahninstitution, die ein ähnliches Geschäftsmodell verfolgt, wie die sogenannte „Deutsche Umwelthilfe“. Diese „Nichtregierungsorganisationen“ (NGOs) führen den Schutz des Verbrauchers im Munde, beziehen ihre Einkünfte hauptsächlich dadurch, dass sie kostspielige Abmahnungen versenden. Ob dies wirklich dem Verbraucherschutz dienlich ist, das bleibt dahingestellt.

Traurig ist aber, dass sich Richter – wie im jetzt vorliegenden Fall – dazu hergeben, diesem Tun auch noch das Mäntelchen des Rechts umzuhängen. Es mag ja der aktuellen Rechtslage entsprechen, das Verschenken von Traubenzucker und einigen Papiertaschentüchern höchstrichterlich zu untersagen. Mit einem solchen Urteil wird aber das Vertrauen in die deutsche Justiz zweifellos nicht gefördert.

Gefordert sind natürlich auch die Justizminister im Bund und in den Ländern, diesem durchaus einträglichen Geschäftsmodell der Abmahnvereine den juristischen Boden zu entziehen. Deutschland macht sich wieder einmal international lächerlich, wenn wichtige Vorhaben, wie Lebensmittel- und Tierschutz nicht bewerkstelligt werden, bei Zugaben von Traubenzucker und Papiertaschentücher die „volle Härte des Gesetzes“ greift. Wie in der Vergangenheit – Kaiserzeit und Drittes Reich – zählen deutsche Juristen nicht gerade zu den Vorzeigeakademikern…

Zum Autor

Im Jahre 1971 startete Hans-Jörg Vogler (68) als nebenberuflicher Vereinsberichterstatter sein journalistische Karriere und nach Stationen als Redaktionsleiter und Mitarbeiter mehrsprachiger, internationaler Kundenmagazine sowie als Autor von vier Büchern arbeitet der gelernte Redakteur bis heute in Biebergemünd als "Freier Autor" für namhafte Fachpublikationen. Seine enge Verbundenheit zu den lokalen Medien hat er dabei nie verloren: Als Redakteur betreut er gegenwärtig das Mitarbeitermagazin "WIR" der Bien-Zenker GmbH und leistet für mehrere Unternehmen in ganz Deutschland "Formulierungshilfe" für deren Öffentlichkeitsarbeit. Von 1977 bis 2011 gehörte Vogler - mit einer kurzen Unterbrechung - als CDU-Abgeordneter dem Main-Kinzig- Kreistag an. Der aktiven Politik hat er seit langem den Rücken gekehrt.