Tagung in den beiden Wahrzeichen von Ockstadt

Wetterau
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Die Ausrichtung der öffentlichen Jahrestagung der "Vereinigung für Heimatforschung in Vogelsberg, Wetterau und Kinzigtal e.V." lag in diesem Jahr beim „Geschichtsverein Ockstadt e.V.“, als zusätzlicher Teil des Programms zur Feier des 1200. Jubiläums der Ersterwähnung des heutigen Ortsteils der Kreisstadt Friedberg.



Die Vereinigung ist die Dachorganisation von 54 Geschichtsvereinen in Wetteraukreis, Main-Kinzig-Kreis und Altkreis Lauterbach. Mit 27 stellt der Wetteraukreis die meisten. Aus dem Main-Kinzig-Kreis kommen 22 (Bad Orb, Bad Soden-Salmünster, Biebergemünd, Brachttal, Erlensee, Freigericht, Gelnhausen, Gelnhausen-Meerholz/Hailer, Gelnhausen-Haitz, Gründau, Hanau, Hanau-Kleinauheim, Hanau-Mittelbuchen, Hanau-Steinheim, Hasselroth, Langenselbold, Linsengericht, Nidderau-Heldenbergen, Nidderau-Windecken, Ronneburg, Steinau, Wächtersbach), 5 aus dem Vogelsbergkreis. Die Vereinigung deckt eine historisch zusammengehörige Region ab und sieht ihre Hauptaufgabe in der Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Geschichtsvereinen und auf die Region bezogener Geschichtsschreibung. Die längst zur Tradition gewordenen Jahrestagungen werden jeweils von einem der Mitgliedervereine ausgerichtet, mit gleichbleibendem Programmrahmen (zwei Vorträge zu heimatgeschichtlichen Themen - Führung durch den gastgebenden Ort und geselliges Beisammensein).

Die diesjährige Tagung begann mit Begrüßungen durch den Vorsitzenden der Vereinigung, den Ortsvorsteher von Ockstadt Günther Weil und den Vorsitzenden des Ockstädter Geschichtsvereins Werner Margraf. Thema waren die beiden „Wahrzeichen“ des Tagungsortes Ockstadt: Zum einen die große Burganlage und die Freiherren von Franckenstein, die seit 1522 als Ortsherren die Geschicke des Ortes maßgeblich beeinflussten, zum andern die große neubarocke Kirche, die die katholische Identität des Ortes weit ins Land verkündet.

Als erster Referent ins Gerippte gebeten war daher Dr. Roman Fischer, in Bad Vilbel wohnhafter Archivar am Stadtarchiv Frankfurt, zum Thema „Die Franckenstein in Frankfurt“. Sein Vortrag mit Lichtbildern stieß auf große Resonanz, weil er durchweg Unbekanntes brachte. Wie er ausführte, hatten die Franckenstein in Frankfurt eine ganz besondere Stellung. Sie besaßen mit dem Franckensteiner Hof einen großen befestigten Hof am Sachsenhauser Ufer neben dem Deutschordenskomplex, der innerhalb der Stadtmauern eine wahre Stadt in der Stadt bildete, die als so etwas wie exterritoriales Gebiet dem Frankfurter Rat nicht unterstand. Der Hof ging im Wesentlichen zurück auf Rudolf von Sachsenhausen, im 14. Jahrhundert Frankfurter Schultheiß und damit höchster Beamter der Reichsstadt, und war im Erbgang über die von Cleen an die von Franckenstein gekommen, die ihn bis 1829 hielten. Nach der Reformation kam zu dieser ungewöhnlichen Konstellation noch hinzu, dass die Franckenstein streng katholisch blieben, während Frankfurt evangelisch wurde. Im Dreißigjährigen Krieg haben die Schweden daher sofort ihren Hof besetzt. Wie der Referent anschaulich darlegte, hat der entschiedene Katholizismus der Franckenstein in jedem Jahrhundert eine weit über Familie und Region herausragende Persönlichkeit hervorgebracht, die in der katholischen Kirche eine größere Rolle spielte. Dies war im 15. Jahrhundert der Dominikanermönch und Prediger Wenzel, im 16. Jahrhundert der Bischof von Speyer Rudolf, im 17. Jahrhundert der Bischof von Worms Karl, im 18. Jahrhundert der Bischof von Bamberg Johann Philipp Anton sowie schließlich im 19. Jahrhundert der Reichstagsabgeordnete und Zentrumspolitiker Johann Karl, auf den die Franckensteiner Klausel zurückgeht (die die Einzelstaaten des Reiches an Zolleinnahmen stärker beteiligte). Der prunkvolle Grabstein von Bischof Karl von Franckenstein von Worms hat sich im Frankfurter Dom erhalten. Nach der Zerstörung seiner Bischofsstadt durch die Franzosen war er nach Frankfurt geflohen und ist dort 1691 gestorben.

Der zweite Vortrag des Vormittags von Katharina von Franckenstein, Gattin des jetzigen Eigentümers von Burg Ockstadt und selbst Mitglied im Vorstand des Geschichtsvereins, wurde kurzerhand ins Freie in die Burganlage verlegt. Auf Begrüßung und ein Glas Sekt folgte eine Umwanderung, bei der die Schlossherrin die noch erhaltenen Teile des viertürmigen zu Ende des 15. Jahrhunderts geschaffenen großen Festungs-Komplexes erläuterte. Dessen überdimensionale Ausmaße können noch immer nicht wirklich überzeugend erklärt werden. Viele Teilnehmer bekamen so zum ersten Mal eine Anlage zu sehen, die sie vorher nur vom Vorbeifahren kannten.

Einen dritten Vortrag nach gemeinsamem Mittagessen hielt Hermann Kosch, stellvertretender Vorsitzender des Geschichtsvereins, in der Ockstädter Kirche. Mit seiner großen Sachkunde erläuterte er das imposante Gotteshaus und seine Kunstschätze. Wegen Ausrichtung der nächsten Jahrestagung der Vereinigung im September 2019 hat der Vorstand eine Anfrage an den Geschichtsverein Gelnhausen gerichtet. Der Tagungsort der nächsten Mitgliederversammlung im April 2019 wird noch bekannt gegeben.

Foto: Eine Gruppe der Teilnehmer vor der Ockstädter Kirche.


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