Modernste Technik in den Schulen fehlt

Wetterau
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Der Wetterauer FDP-Landtagsvizepräsident Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn hat mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten Peter Heidt die Beruflichen Schulen am Gradierwerk in Bad Nauheim (BSG) besucht, um mit den Verantwortlichen über die Entwicklungen insbesondere im Bereich der sozialpädagogischen Ausbildung und der Digitalisierung zu sprechen.



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„Wir bilden in den letzten Jahren jährlich rund 50 Prozent mehr Erzieherinnen und Erzieher aus als in den Jahren zuvor, weil es einen erhöhten Bedarf an sozialpädagogischen Fachkräften gibt“, sagte Schulleiter Andreas Stolz. Die für die Sozialpädagogik zuständige Abteilungsleiterin Sonja Jochmann verwies auf die qualitativ hochwertige Ausbildung der Studierenden der Fachschule für Sozialwesen. Künftig wird es an den BSG auch eine „PivA-Klasse“ geben, eine Abkürzung für praxisintegrierte vergütete Ausbildung zum Abschluss Staatlich anerkannte(r) Erzieher/-in. Parallel zum Studium an der Fachschule arbeiten die künftigen Erzieher bereits in den Kindertagesstätten. Die Mittel für dieses duale Studium kommen aus Töpfen des Landes oder der Kommunen. Zwar seien die Anforderungen in diesem Ausbildungsgang sehr hoch, doch biete es insbesondere Quereinsteigern eine gute und schnelle Möglichkeit, den Erzieherberuf zu erlernen, betonte Jochmann.

Auf Nachfrage von dem FDP-Landtagsabgeordneten Hahn, der in seiner Heimatstadt Bad Vilbel auch Sozialdezernent und damit für die Belange rund um die Kindertagesstätten politisch verantwortlich ist, inwiefern sich das Rollenklischee, dass nur sehr wenige Männer den Erzieherberuf erlernen, an der Beruflichen Schule am Gradierwerk bestätige, sagte Abteilungsleiterin Jochmann: „Mittlerweile liegt der Frauenanteil im Ausbildungsberuf an unserer Schule noch bei rund 80 Prozent, das klassische Rollenbild ist aber im Wandel.“

Die FDP-Abgeordneten Hahn und Heidt, beide vertreten die Liberalen auch im Wetterauer Kreistag, nutzten die Möglichkeit, um sich auch an der Beruflichen Schule in Bad Nauheim über den Stand der Digitalisierung zu informieren. In den vergangenen Monaten hatten die Wetterauer Freie Demokraten mehrfach Schulen im Kreis besucht und dabei die schlechte Digitalisierung der Wetterauer Schulen kritisiert. An den BSG gibt es Licht und Schatten. „Seit mehr als 10 Jahren kommunizieren wir über die vom Kreis eingerichtete Lernplattform wtkedu“, hob Schulleiter Stolz hervor. Diese werde professionell betreut und stehe allen Schulen im Wetteraukreis zur Verfügung. Eine digitale Dateiablage sei auf wtkedu ebenso selbstverständlich wie eine dienstliche Mailadresse für jede Lehrkraft und jeden Lernenden. Während der Corona-Zeit sei die Plattform intensiv genutzt worden und es wurden sogar kurzfristig Videokonferenzen als neue Funktion installiert. An den BSG waren regelmäßige Schulungen im Angebot.

Jedoch habe auch die Corona-Krise weiter Defizite im Bereich der Digitalisierung offengelegt: Durch eine fehlende Ausstattung der Schülerinnen und Schülern mit Endgeräten sei es diesen zum Teil nicht möglich gewesen, dem digitalen Unterricht im Zeit des Lockdowns zu folgen, da sie privat nicht über geeignete Endgeräte verfügen oder gar die Geschwister oder die Eltern das digitale Endgerät des jeweiligen Haushaltes für ihre Arbeit nutzen mussten. Viele konnten nur per Smartphone am digitalen Unterricht teilnehmen. Unabhängig von Corona müsse die digitale Ausstattung an der Schule verbessert werden, etwa bei PCs, die für die kaufmännische Ausbildung unerlässlich seien, so der zuständige Abteilungsleiter Ralf Müller. „Oft müssen die Schülerinnen und Schüler zu zweit ein Gerät bedienen, das ist einfach nicht mehr zeitgemäß.“ Benötigt würde eine neuer PC-Raum mit Arbeitsplätzen für etwa 30 Lernende. Auch Videoprojektoren sollten in jedem Klassenraum zu finden sein.

Eine weitere Baustelle sei schnelles Internet. Das Hochfahren der Geräte und das Laden von Inhalten dauerten derzeit viel zu lange, so Müller. „Zwar verfügt die Schule, wie die anderen Bad Nauheimer Schulen auch, seit einigen Jahren über einen Anschluss an das Glasfasernetz, doch ist die Vernetzung des Glasfasers innerhalb der Schule selbst noch nicht hergestellt, weswegen diese schnelle Verbindung nicht genutzt werden kann.“ Hier bestehe dringender Handlungsbedarf, hebt auch Schulleiter Stolz hervor. WLAN für die gesamte Schulgemeinschaft sei anders nicht möglich.

Der FDP-Landtagsvizepräsident Hahn sagte bei seinem Besuch: „Mich ärgert es, dass einige Schulen im Wetteraukreis seit einigen Jahren an das Glasfasernetz angeschlossen sind, aber der innerschulisch fehlende Ausbau eine Nutzung dieser modernsten Technik nicht zulässt. Moderne Technik ist in vielen öffentlichen Schulen im Kreis auch im Jahr 2020 ein Fremdwort, die Digitalisierung steht still. Es muss sich dringend etwas ändern, damit unsere Schülerinnen und Schüler modern und zeitgemäß geschult werden und dadurch auch bestmöglich auf das Berufsleben vorbereitet werden können.“ Er kündigte an, den schlechten Digitalisierungsstand im Wetteraukreis, aber auch auf Landesebene, weiter problematisieren zu wollen.

BSG-Verwaltungsleiter Burkhard Mauer regte an, die Beruflichen Schulen am Gradierwerk künftig als Modellschule eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung einnehmen zu lassen: „Unser Kollegium ist höchst motiviert, wir haben ein eigenes Digitalkonzept, und die Glasfaserverbindungen liegen schon im Keller. Das ließe sich leicht umsetzen.“ Schulleiter Stolz ergänzte: „Wir haben Lust etwas zu verändern. Ich würde der Schule, dem Kollegium und den Schülerinnen und Schülern gerne diese Chance geben.“ 

Der MdB und Vorsitzende der FDP-Fraktion im Wetterauer Kreistag, Peter Heidt, sagte hierzu: „Landrat und Schuldezernent Jan Weckler sollte der motivierten Schule dringend die Möglichkeit geben, eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung einnehmen zu können. Dadurch würden auch für die anderen Schulen im Wetteraukreis viele Chancen entstehen. Es könnten Konzepte auch für die anderen Schulen im Kreis hier vor Ort getestet und verbessert werden.“

Foto (von links): Ria Ruppert, Sonja Jochmann, Andreas Stolz, Burkhard Mauer, Ralf Müller, Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn, Peter Heidt.


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